12.6.2016 – Das Ziel der diesjährigen Frühjahrs-Kulturreise der Selber Naturfreunde war das unbekannte mittelalterliche Nürnberg, für das sich 42 Personen interessierten. Während der Fahrt gab der Organisator Karl-Heinz Seifert einen gut vorbereiteten Überblick über die sehr bewegte
Geschichte der alten Reichsstadt. Schon allein dafür gebührt ihm der Dank der Gruppe, denn man weiß inzwischen mit welcher Sachkenntnis er seine Kulturfahrten ausarbeitet. Durch das Vestner-Tor betrat man die Kaiserburg zur Besichtigung einer der bedeutendsten Kaiserpfalzen des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation. Eine Burgführerin gab eine ausführliche Beschreibung über das Leben und die Organisation der Aufenthalte von Kaisern und Königen in der Burg über einen Zeitraum von nahezu 900 Jahren. Der kunsthistorisch bedeutendste Teil der Kaiserburg sind die Doppelkapelle und der Palas, der das eigentliche Wohngebäude der Festung ist. Hier befinden sich Ritter- und Kaisersaal, die Gemächer des Kaisers und die zweistöckige Doppelkapelle. In der Kapelle saßen unten ausgesuchte Patrizier, der Hochadel und der Kaiser in zwei Stockwerken voneinander getrennt. Diese Einrichtung ist in deutschen Burgen einmalig. Ein großes Kruzifix des bekannten Nürnberger Bildhauers Veit Stoß und an den Wänden Steinplastiken und Gemälde aus dem 15. Jahrhundert ergaben einen düsteren Eindruck. Der obere Saal des Gebäudes, der Kaisersaal, ist Karl IV., der für die Stadt Nürnberg am bedeutendsten war und vor 700 Jahren geboren wurde, gewidmet. Mit der goldenen Bulle schuf er eine Art Reichs-Grundgesetz, das für über 450 Jahre die Wahl der Deutschen Könige regelte und Nürnberg in eine Reihe mit der wichtigen Krönungsstadt Aachen und der Wahlstadt Frankfurt stellte. Schaukästen mit Nachbildungen und originellen Urkunden belegen dieses Gesetz. Standbilder und Gemälde sowie die Nachbildung der Reichs-Kleinodien, die fast über 350 Jahre in Nürnberg aufbewahrt wurden und andere wertvolle Gegenstände gaben ein eindrucksvolles Zeugnis aus der Blütezeit des Heiligeneiligen Römischen Reiches deutscher Nation. In dem hochgelegenen Wohnbau der Kaiserburg, der „Kemenate“ ist das Kaiserburg-Museum untergebracht. Eine bedeutende Sammlung von historischen Waffen vom 12. - 19. Jahrhundert, wie sie auf Burgen Verwendung fanden, war genauso zu bewundern wie die waffentechnische Entwicklung, Alltags-Geschichten und die Bauentwicklung des Burgberges mit seinen 3 Burgen, der Kaiserburg, der Burggrafenburg und reichsstädtischen Burganlagen. Ein Gang durch die umfangreiche Außenanlage mit dem gewaltigen Sinwell-Turm, dem Tiefen Brunnen und einer wundervollen Aussicht auf die Stadt schloss den ersten Teil des Besuchsprogrammes ab. Die ca. 2-stündige Mittagspause nutzten die Teilnehmer zur Besichtigung der Sebaldus-, der Frauenkirche, des Rathauses oder ließen sich die bekannten Nürnberger Bratwürste schmecken, ehe man sich um 13,45 Uhr zur Führung durch den ältesten Stadtteil, der Sebaldus-Stadt, traf. Zwei kompetente und humorvolle Stadtführerinnen gaben Einblicke über das Leben während des 12. - 16. Jahrhunderts, der Blütezeit Nürnbergs. Gewaltige Stein- und Fachwerkhäuser zeugen vom Reichtum der Kaufmanns-Handwerker-Stadt. Ausgangspunkt war der Hauptmarkt mit der Frauenkirche und dem leider eingerüsteten Schönen Brunnen. Ab der Fleischer-Brücke führte der Weg ein Stück an der Pegnitz entlang. An dem ehemaligen Mühlenviertel, dem Unschlittamt (Rindertalg, zur Herstellung von Kerzen), ging es zum Haus des Henkers. Über die Maxbrücke erreichte man den Weinstadel, der mit 48 Meter Länge eines der größten Fachwerkhäuser Deutschlands ist. Bevor die Stadt um ca.1570 ihre Weinvorräte dort lagerte, war das Haus für Lepra-Kranke und später für einfache Handwerker, Arme und Kranke ein Zuhause. Kurz vor dem Haller-Tor kam die Gruppe am Kettensteg vorbei. Diese freischwebende, an Ketten hängende Flussbrücke wurde 1824 als erste ihresgleichen gebaut und ist immer noch für Fußgänger begehbar. Hinter dem Hallertürlein, ein kleiner Durchgang neben dem Hallertor, erstreckt sich mit der Hallerwiese ein Vergnügungs- und Erholungspark seit 1434 und gilt als der früheste Erholungsfreiraum in einer mittelalterlichen Großstadt. Der anschließende Gang durch die Weißgerbergasse mit den historischen Fachwerkhäusern der Weißgerber, die es mit der Herstellung von feinem Leder zu Wohlstand brachten, wird die bedeutende Wirtschaftskraft der Nürnberger Handwerker und Kaufleute sichtbar. An der ältesten Kirche, der St.-Sebaldus-Kirche mit dem Grabmal des Stadtheiligen Sebaldus und auf dem anschließenden Platz mit dem Standbild Nürnbergs bekanntesten Sohnes Albrecht Dürer endete die sehr unterhaltsame und informative Stadtführung. Zur Schlusseinkehr trafen sich die beiden Besuchergruppen in einem typischen Nürnberger Gasthof. Das Programm und die Erläuterungen der beiden Stadtführerinnen führte die Besucher zurück in eine mittelalterliche Großstadt und entsprach der Ankündigung von Karl-Heinz Seifert vom „unbekannten“ Nürnberg. Sie stieß auf allgemeine Zustimmung.
selb-live.de – Presseinfo Naturfreunde Selb