25.11.2023 – Ab sofort gibt es in der Stadt Selb wieder Kino. Am Freitagabend wurde das kommunale Kino „Spektrum Selb“ offiziell eingeweiht. Ab dem heutigen Samstag startet das Programm. Neben Filmen für Kinder dürfen sich Filmbegeisterte an diesem Wochenende unter anderem auf den Fichtelgebirgskrimi „Impfdrutschala“ freuen.
Symbolisch ließ Oberbürgermeister Ulrich Pötzsch auf dem Podium des Kinosaal 1 einen Stein zu Boden fallen, ein „Stein, der mir vom Herzen fällt, ein Meilenstein!“ Wie so viele Gäste edel in Schwarz und Weiß gekleidet, die zuvor über einen roten Teppich ins Kino marschierten, so freute er sich bei der offiziellen Eröffnung ganz besonders, dass das kommunale Kino samt Designcafé unter dem Namen „Spektrum Selb“ nunmehr seine Pforten öffnen kann. Nach über vier Jahren ohne Kinoprogramm werden jetzt wieder drei der vier Kinosäle bespielt. Der Kinosaal Vier steht dabei ganz im Zeichen des verstorbenen Porzellankünstlers Helmut Drexler. Seine Kunst ist nicht nur dauerhaft in diesem Kinosaal - die Helmut-und-Käthe-Drexler-Stiftung um dessen Vorsitzenden Rainer Kropf unterstützte bei der Gestaltung mit rund 60.000 Euro – zu sehen, sondern derzeit auch im Foyer zu bewundern.
Die Unterstützung überhaupt sei von sehr großem Wert gewesen, dass es auch weiterhin ein Kino in Selb geben kann, und immerhin liefen in der Stadt schon im Jahr 1911 Filme über die große Leinwand. Der Rathauschef richtet seinen großen Dank an alle Beteiligten, die in den vergangenen Jahren mit viel Geduld aber voller Überzeugung an dieser Neuausrichtung gearbeitet hätten. Auch die finanzielle Unterstützung seitens der Wirtschaft wie unter anderem durch die Unternehmen Vishay, NETZSCH und RAPA sei von enormer Bedeutung gewesen. Das vor allem unter dem Gesichtspunkt des nicht zu unterschätzenden weichen Standortfaktors. „Unser Kino hat einen Mehrwert für Selb und die Region“, meinte Pötzsch zugleich, dass wohl kaum eine andere Stadt in dieser Größenordnung solch ein reichhaltiges kulturelles Angebot darstellen könne. „Hier sind wir mehr als gut aufgestellt!“
Zugleich betonte er, dass man mit dem Kino nicht in Konkurrenz zu bestehenden Angeboten in der Region treten möchte, sondern ein besonderes Angebot für alle Altersklassen anbieten möchte.
Landrat Peter Berek gratulierte zu den Bemühungen, die neben dem finanziellen Aspekt durchaus auch mit viel Emotionen verbunden waren. „Selb spielt mit sich und seinen Themen“, sieht er im „Spektrum“ einen wertvollen Ort der Begegnung.
Kinoleiterin Jennifer Ruckdeschel blickte voller Stolz auf viel getane Arbeit zurück. Auch sie dankte einer Vielzahl an Helfern und Unterstützern. Nun dürfe sich die Bevölkerung von klassischen Filmen bis hin zu Filmreihen und Sonderprogrammen auf ein abwechslungsreiches Programm im neuen Kino Selb freuen. Stets aktuell einzusehen ist dieses unter spektrum-selb.de
Rückblende:
Kino-Inhaber und Betreiber Michael Thomas kündigte bereits 2017 an, sich einzig auf seine größeren Kinos in Bayreuth und Weiden fokussieren zu wollen. Das wenngleich er betonte, dass das Selber Kino stets gut angenommen worden sei, doch von außen aus könne man Selb nicht energisch genug steuern. Von rund einer Million Besucher sprach er da, die seit der Übernahme des früheren Olympia-Filmtheaters und der Eröffnung des Kinos durch die Thomas Filmtheater GmbH im Jahr 1982 hier Filme besucht haben und schöne Stunden genießen konnten.
Es drohte folglich ein Leerstand und das Ende einer kulturellen Einrichtung in der Innenstadt. Jennifer Ruckdeschel hatte die Idee mit dem Konzept des kommunal betriebenen Kinos. Das überzeugte. Der Stadtrat beschloss im Frühjahr 2018 nach intensiver Diskussion schließlich mehrheitlich, das Kino-Center samt Einrichtung zu kaufen und zukünftig unter einer Neuausrichtung als „Kommunales Kino" betreiben. Die Fraktion aus CSU und FWS stimmte damals dagegen. Auch die SPD sprach sich aus Kostengründen zunächst lange Zeit dagegen aus. Viel Zustimmung zum Kauf gab es allerdings aus der Bevölkerung, verschiedene Institutionen machten sich stark dafür und auch aus der Wirtschaft mehrten sich Stimmen für den Betrieb eines kommunalen Kinos samt Designcafé, einige Unternehmen sicherten ihre Unterstützung (Sponsorengelder rund 160.000 Euro) zu. Der Kaufpreis lag bei 350.000 Euro, Umbaumaßnahmen wurden hier mit rund 300.000 Euro veranschlagt. Von städtischer Seite aus sollte dieser Betrag auf 80.000 Euro gedeckelt werden – durch diesen Kompromissvorschlag meinte nun auch die SPD sich in die Lage versetzen zu können, diesen Weg doch mitzugehen, votierte gemeinsam mit der Fraktion der Aktiven Bürger Selb dafür.
Im Frühjahr 2019 wurden letztmals Filme im Kino-Center gezeigt. Im Juni 2019 erfolgten die Unterschriften beim Notar, die Stadt Selb wurde nun Eigentümerin der Einrichtung. Wenige Monate später taten sich nun über den Masterplan-Prozess Innenstadt und dem damit im Kino verbundenen Designcafé gänzlich andere Fördermöglichkeiten auf. Statt im Low-Budget-Bereich zu agieren, konnte nun größer an die Umsetzung herangegangen werden. Rund zwei Millionen Euro konnten investiert werden, davon sind bis zu 1,6 Millionen Euro förderfähig. Neben dem Eingangsbereich konnten Punkte wie Vollwärmeschutz, eine neue Fassade, neue Lüftung und Elektrik, ein Windfang, ein behindertengerechter Eingang bis hin zu einem behindertengerechten WC umgesetzt werden. Natürlich haben die Sanierungs- und Umbauarbeiten viel Zeit eingenommen. Nach viel Planungsarbeit einschließlich Punkten wie Ausschreibungen etc. konnten im Jahr 2021 die umfangreichen Bautätigkeiten gestartet werden. Rund ein Jahr benötigte allein die Lieferung einer notwendigen Lüftungsanlage.
In der Bildmitte Oberbürgermeister Ulrich Pötzsch und Kinoleiterin Jennifer Ruckdeschel zusammen mit Landrat Peter Berek und Vertretern der Helmut-und-Käthe-Drexler-Stiftung bzw. Angehörigen der Familie Drexler
selb-live.de - Michael Sporer