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design selb 102531.10.2025 - In der jüngsten Sitzung des Selber Stadtrats präsentierte Nadja Hochmuth aus dem Amt für Stadtmarketing & Tourismus einen umfassenden Sachstandsbericht zum Thema „Designstadt Selb“. Ziel der Ausführungen war es, die Bedeutung des Designs für die Identität, Stadtentwicklung und Wirtschaft Selbs aufzuzeigen und den aktuellen Stand der städtischen Bemühungen einzuordnen.

Selb, die Porzellanstadt

Selb ist seit Jahrzehnten eng mit dem Begriff „Porzellanstadt“ verbunden – ein Titel, der auf die reiche industrielle und künstlerische Geschichte der Region verweist. Doch das Design, das schon immer integraler Bestandteil der Porzellanproduktion war, spielt heute ebenso eine breite Rolle. Von den Anfängen der Porzellanindustrie über die Ära Rosenthals bis hin zu modernen Architekturprojekten prägt Design das Gesicht der Stadt in vielfacher Weise.

Hochmuth erinnerte daran, dass Unternehmen wie Rosenthal, Hutschenreuther oder Krautheim & Adelberg früh auf künstlerische Zusammenarbeit setzten. Namen wie Walter Gropius, Friedensreich Hundertwasser, Victor Vasarely oder Marcello Morandini stehen bis heute für die Verbindung von Kunst, Funktionalität und Innovation. Diese Haltung habe Selb zu einem Zentrum der Gestaltung gemacht, das weit über das Porzellan hinauswirke.

 

Design als zentraler Bestandteil

Auch im Wandel zur modernen Industriestadt bleibe Design ein zentraler Bestandteil der städtischen DNA. Die Prinzipien aus der Porzellanzeit – ästhetischer Anspruch, Funktionalität und technologische Präzision – finden sich heute in Branchen wie Maschinenbau, Automobilzulieferung und High-Tech-Keramik wieder. Damit sei Design für Selb sowohl kulturelles 2Erbe als auch Zukunftsstrategie.

Ein wichtiger Motor dieser Entwicklung ist die Fachschule für Produktdesign und Prüftechnik. Als Nachfolgeinstitution des 1909 gegründeten Johann-Friedrich-Böttger-Instituts bildet sie heute gefragte Designerinnen und Designer aus, die bundesweit in Industrie und Kreativwirtschaft tätig sind. Das geplante Designstudio Selb, das auf dem ehemaligen Hutschenreuther-Areal entsteht, soll diesen Bildungsstandort weiter stärken und Raum für über 200 Nachwuchsdesignerinnen und -designer schaffen.

 

Design im Stadtbild

Wie stark Design im Stadtbild verankert ist, zeigen zahlreiche Bau- und Kunstprojekte: vom architektonisch prägnanten Rosenthal-Theater mit Innenraumgestaltung von Günther Uecker über das preisgekrönte Haus der Tagesmütter, das generationenübergreifende Haus der Generationen (JAM/FAM), das sanierte Hallenbad mit Vasarely-Mosaik, bis hin zu den Künstlerfassaden von Hundertwasser, Otto Piene und Morandini. Auch neue Bauprojekte wie die Stadtbücherei, die Ludwigpassage oder der Theaterplatz zeigen den gestalterischen Anspruch der Stadt.

Neben der Architektur spiegle sich Design auch im Stadt- und Landschaftsbild wider – etwa im Rosenthalpark, an der Selbbachbrücke, im Porzellanbrunnen oder bei der Neugestaltung des Bahnhofsareals. Hochmuth betonte, dass es sich dabei nicht um abgeschlossene Projekte handle, sondern um einen fortlaufenden Prozess, in dem Design bei allen Entscheidungen eine Rolle spiele.

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Diskussion im Stadtrat

In der anschließenden Diskussion würdigten mehrere Stadtratsmitglieder die Darstellung als wichtigen Überblick über die gestalterische Vielfalt Selbs. Michael Sporer (Aktive Bürger) sprach sich dafür aus, das Thema stärker öffentlich sichtbar zu machen – etwa durch Kommunikationsmaßnahmen, Ausstellungen oder Social-Media-Formate, die Designerinnen und Designer aus Selb vorstellen.

Carsten Hentschel (CSU) zeigte sich in seinem Beitrag kritisch, insbesondere hinsichtlich der Frage nach konkreten Umsetzungsmaßnahmen und der Wettbewerbsfähigkeit Selbs gegenüber anderen deutschen «“Design-Standorten“ (z. B. Weimar, Dessau, Offenbach). Er forderte mehr Strategien und konkrete Maßnahmen, um die Marke „Designstadt“ nach außen zu tragen: Wie gewinnen wir externe Zielgruppen? Wie schaffen wir messbare Effekte? Damit unterstrich er die Erwartung, dass das Thema nicht nur als historischer Rückblick, sondern als aktiv verfolgte Marketing- und Standortpolitik aufgestellt werden müsse.

Oberbürgermeister Ulrich Pötzsch hierzu deutlich, dass Selb bereits über ein solides Renommee verfüge — etwa durch Berichterstattung in Fachzeitschriften und beachtete Architekturprojekte — und plädierte dafür, diese positive Reputation weiter auszubauen. Pötzsch betonte, Design müsse nicht allein ästhetisch verstanden werden; vielmehr sei es ein Instrument, das bei Infrastruktur- und Bildungsprojekten konsequent mitgedacht werden müsse. Er verwies auf laufende Investitionen (Bahnhof, Ludwigstraße, Designstudio), die alle Gestaltungsgesichtspunkte berücksichtigen würden.

Dr. Klaus von Stetten (Aktive Bürger Selb) würdigte die Zusammenstellung als Erinnerung an die in der Stadt vorhandene Vielfalt und betonte ausdrücklich die Doppelfunktion: Selb bleibe Porzellanstadt und sei zugleich Designstadt. Seine Wortmeldung zielte darauf ab, Missverständnisse auszuräumen: Design ergänze die traditionelle Markenidentität, sie ersetze sie nicht. Von Stetten lobte die Darstellung als wichtige Bestandsaufnahme und sah darin eine solide Grundlage für weiterführende Maßnahmen.

Rita Bieschke-Vogel (Grüne) hob die Notwendigkeit hervor, Design im öffentlichen Raum sichtbarer zu machen — konkret nannte sie ergänzende Tafeln und einen «roten Faden» durch die Stadt, der Gestaltungsstationen und Designerinnen/Designer markiert. Sie brachte zudem den Gedanken nachhaltiger Architektur und Fördermöglichkeiten für energieeffizientes, solarunterstütztes Design ein: Design solle auch Ressourceneffizienz und Klimaschutz widerspiegeln. Bieschke-Vogel forderte konkrete Schritte, wie Wettbewerbe für nachhaltige Architektur oder Förderprogramme zu prüfen und nutzbar zu machen.

Walter Wejmelka (SPD) wertete den Vortrag als gründliche Bestandsaufnahme, verwies aber zugleich auf die Herausforderung, Design in die Köpfe der Bevölkerung zu bringen. Er sah Design als vielversprechende PR-Maßnahme, deren Erfolg jedoch systematischer, projektbezogener Kommunikation und städtischer Maßnahmen bedürfe. Wejmelka forderte, gestalterische Qualität mit greifbaren Verbesserungen des Innenstadtbildes zu koppeln — nur so könne Design glaubhaft erlebbar werden.

Roland Schneider (Freie Wähler Selb) lobte die Zusammenstellung und die Erinnerung an die gestalterische Breite der Stadt. Er regte an, auf der Basis der Bestandsaufnahme konkrete Vorschläge zu erarbeiten und den Stadtrat regelmäßig mit umsetzbaren Empfehlungen zu versorgen. Sein Tenor: Gute Bestandsaufnahme — jetzt Mut zu pragmatischen Schritten.

 

Einigkeit über Marken-Kontinuität: Porzellanstadt bleibt zentral

Mehrere Wortbeiträge — insbesondere von Dr. Klaus von Stetten und Oberbürgermeister Pötzsch — unterstrichen ausdrücklich: Die Marke „Porzellanstadt“ bleibt zentral für Selb. Design ist kein ersetzendes Etikett, sondern eine Erweiterung und Vertiefung dieser Identität. Darüber bestand im Gremium breite Übereinstimmung: Design soll am Porzellan anknüpfen, dessen Tradition sichtbar erhalten und zugleich in neue wirtschaftliche und kulturelle Felder übersetzt werden.

Der Weg zur „Designstadt“ ist kein kurzfristiges Marketingprojekt, sondern ein vielschichtiger, langfristiger Prozess — von Bewusstseinsbildung in der Bevölkerung über strukturelle Investitionen bis hin zu konsequenter, sichtbarer Kommunikation.

Die ausführliche Präsentation gibt es im >>> Bürgerportal der Stadt Selb zum Download

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