Anzeige

Bild2022.10.2025 - Im Rosenthal-Theater Selb fand am Dienstagabend die diesjährige Bürgerversammlung der Stadt Selb statt. Bürgerinnen und Bürger nutzten die Gelegenheit, sich über die aktuelle Situation ihrer Stadt, über anstehende Projekte sowie über Entwicklungen in den Bereichen Wirtschaft, Stadtentwicklung, Tourismus und Finanzen zu informieren.

 Zusammenarbeit im Landkreis

Zu Beginn der Veranstaltung begrüßte Oberbürgermeister Ulrich Pötzsch die Gäste und betonte in seiner Ansprache den starken Zusammenhalt innerhalb des Landkreises Wunsiedel. Unter der Leitung von Landrat Berek habe sich über die vergangenen Jahre eine außergewöhnlich enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern der Region entwickelt. Dieses Miteinander sei eine der größten Stärken des Landkreises und Grundlage vieler gemeinsamer Erfolge. Die Zeiten, in denen jede Kommune ausschließlich für sich geworben habe, seien vorbei. Heute präsentiere man sich mit gemeinsamen Initiativen, etwa im Rahmen der Dachmarke „Freiraum für Macher“ oder bei der touristischen Zusammenarbeit im Fichtelgebirge. Diese Kooperation über Gemeindegrenzen hinweg sei nicht nur ein wirtschaftlichr, sondern auch ein identitätsstiftender Faktor für die Region geworden.

 

Schwierige finanzielle Situation

Ein zentrales Thema der Rede des Oberbürgermeisters war die finanzielle Situation der Stadt Selb. Pötzsch sprach offen von einer angespannten Lage, die auf ein deutlich geringeres Steueraufkommen und steigende Ausgaben zurückzuführen sei. Um auf die veränderten Rahmenbedingungen zu reagieren, arbeite die Verwaltung derzeit an einem Nachtragshaushalt. Der Haushaltsplan für das Jahr 2026 werde erst später aufgestellt werden können. Trotz der schwierigen Ausgangslage zeigte sich der Oberbürgermeister zuversichtlich, dass man auch diese Phase gemeinsam bewältigen werde. Rückblickend, so Pötzsch, sei das Jahr 2025 trotz aller Schwierigkeiten ein ereignisreiches und erfolgreiches Jahr für Selb gewesen.

 

Landrat Peter Berek

Im Anschluss an die Eröffnungsworte ergriff Landrat Peter Berek das Wort. Er unterstrich die enge Verbindung zwischen Landkreis und Stadt Selb und hob hervor, dass die Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung vorbildlich sei. Es gebe keine Beanstandungen seitens der Rechtsaufsichtsbehörde. Gleichzeitig wies er auf die finanziellen Herausforderungen des Landkreises hin, insbesondere durch steigende Ausgaben in Jugendhilfe, Sozialleistungen und Gesundheitsversorgung, die vor allem auf bundespolitische Entscheidungen zurückzuführen seien. Dennoch strebe der Landkreis gemeinsam mit Städten und Gemeinden Lösungen an, um handlungsfähig zu bleiben.

Ein weiterer Schwerpunkt war das interkommunale Ökoflächenmanagement. Der Landkreis Wunsiedel gehört zu den wenigen Regionen in Bayern, die solche Flächen gemeinschaftlich verwalten. Selb spiele hierbei eine wichtige Rolle. Zudem hob Berek die Fortschritte im Bildungsbereich hervor, insbesondere den Bau des neuen Designstudios, das die Bildungslandschaft der Region aufwerte.

 

Stadtmarketing und Tourismus

Nadja Hochmuth, Leiterin des Amts für Stadtmarketing und Tourismus, berichtete von einer stabilen Entwicklung des Tourismus in Selb. Der Eger-Radweg, ein grenzüberschreitendes Projekt, sei ein Beispiel erfolgreicher Kooperation. Der Veranstaltungssommer habe von traditionellen Festen bis zu neuen Formaten ein abwechslungsreiches Programm geboten, darunter Frühlingsmarkt, Bürgerfest, Weinfest und Porzellinerfest. Besonders die Funzelnacht zeige, wie Stadtmarketing, Handel und Bürgerengagement erfolgreich zusammenwirken.

Hochmuth berichtete zudem über den Stadtmarketingverein „Forum Selb erleben“. Der Umsatz durch Gutscheine betrug rund 150.000 Euro und fließe komplett in den lokalen Handel. Der Verein feiere sein 50-jähriges Bestehen.

Für das kommende 600-jährige Stadtjubiläum seien umfangreiche Feierlichkeiten geplant.

 

Aus der Wirtschaft

Rainer Rädel, Wirtschaftsförderer der Stadt Selb, analysierte die wirtschaftliche Gesamtsituation: Trotz steigender Produktions- und Energiekosten, Bürokratie und Unsicherheiten entwickle sich die Stadt positiv. Die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten habe im Verhältnis zur Bevölkerung fast wieder das Niveau der frühen 1990er Jahre erreicht, was die Stabilität des Standorts zeige.

Rädel erläuterte die Aufgaben der Wirtschaftsförderung, darunter die Unterstützung bestehender Unternehmen, Beratung bei Investitionsvorhaben, Existenzgründungsberatung sowie die Vermittlung von Gewerbeflächen. Besonders hervorgehoben wurden das NETZSCH Application Center, ein Investitionsprojekt von rund 70 Millionen Euro, sowie nach dem Aus des toom-Baumarkt die Ansiedlung eines neuen Vollsortiment-Baumarktes, der 2026 eröffnen soll.

Zudem hob Rädel die Bedeutung von Veranstaltungen und Netzwerken hervor, wie der Selber Ausbildungsmesse, dem MINT-Tag und einem IHK-Stadtspaziergang, die den Austausch zwischen Unternehmen, Bildungseinrichtungen und Jugendlichen fördern. Abschließend betonte er, dass die positive Entwicklung Selbs auf dem Zusammenspiel von Unternehmen, Verwaltung, Infrastruktur und bürgerschaftlichem Engagement beruhe.

 

Aus dem Bauamt

Bauamtsleiter Daniel Ruckdeschel berichtete in der Bürgerversammlung über die laufenden städtischen Bauprojekte, die die Infrastruktur und das Stadtbild nachhaltig prägen. Ein Schwerpunkt liegt derzeit auf der Entwicklung des Stadtquartiers am Bahnhofsumfeld. Hier werden Mobilitätsangebote, öffentliche Plätze und städtische Einrichtungen eng miteinander verknüpft, um ein modernes, urbanes Umfeld zu schaffen. Die Arbeiten am Bahnhofsvorplatz und den ZOB-Anlagen sind weitgehend abgeschlossen. Nun folgen noch die Hochbauten sowie liegt der Fokus auf die Bereiche „Birkenhain“ und „Aktives Band“.

Auch im Tiefbau sind derzeit zahlreiche Maßnahmen in Umsetzung. Straßeninstandsetzungen, Gehweg- und Radwegbau sowie Fahrbahndeckensanierungen werden fortlaufend durchgeführt, um Sicherheit und Verkehrsfähigkeit zu gewährleisten. Gleichzeitig werden kleinere Unterhaltsmaßnahmen umgesetzt, die die Infrastruktur langfristig erhalten und verbessern.

Im Bereich Kinderbetreuung realisiert die Stadt Neubauten und Erweiterungen von Kindertagesstätten, um den wachsenden Bedarf an Betreuungsplätzen zu decken und moderne pädagogische Standards zu erfüllen. Dazu zählen unter anderem die Kita „Auf der Kappel“ sowie weitere Erweiterungen für Krippen- und Kindergartenplätze.

Darüber hinaus laufen diverse Sanierungs- und Modernisierungsprojekte öffentlicher Einrichtungen. Dazu gehören die energetische Ertüchtigung von Schulen bis hin zur Abdichtung des Waldbad-Teichdamms. Bei all diesen Maßnahmen wird neben der funktionalen Nutzung auch auf gestalterische und nachhaltige Aspekte geachtet.

Ruckdeschel betonte abschließend, dass die erfolgreiche Umsetzung dieser Projekte auf der engen Zusammenarbeit aller städtischen Fachbereiche beruht. Durch koordinierte Planung und kontinuierliche Begleitung der Maßnahmen gelingt es, Selb sowohl infrastrukturell als auch städtebaulich zukunftsfähig zu entwickeln.

 

Diskussion – die Bevölkerung hat das Wort

Im Anschluss an die Berichte von Wirtschaftsförderung und Bauamt wurde den Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit gegeben, Fragen zu stellen und Anmerkungen zu äußern. 

Patrick Zeidler ergriff als erster das Wort. Er erkundigte sich nach dem aktuellen Stand des Bauvorhabens „Neue Mitte Selb“ und dem  Outlet-Center-Projekt. Besonders interessierte ihn der Austausch zwischen der Stadtverwaltung und der Munitor-Gruppe als Investor. Der Oberbürgermeister erläuterte, dass das letzte Gespräch noch am Nachmittag der Bürgerversammlung stattgefunden habe und der Investor weiterhin aktiv an der Umsetzung des Projektes arbeite. 

 

Eva Rogler lobte die kürzlich durchgeführte gemeinschaftliche Aktion am Langen Teich, bei der Bürgerinnen und Bürger Unkraut aus dem Teichbereich hatten. Sie fragte, ob ähnliche bürgerschaftliche Initiativen in Zukunft fortgeführt oder ausgeweitet werden könnten, zum Beispiel für Fassadenverschönerungen. Der Oberbürgermeister dankte ihr ausdrücklich für das Engagement und betonte, dass die Stadt bürgerschaftliches Engagement sehr schätze. Er wies darauf hin, dass bereits zahlreiche Aktionen, etwa wie "Rama Dama", unter aktiver Bürgerbeteiligung umgesetzt würden, und dass ähnliche Initiativen auch künftig unterstützt werden könnten.

 

Thomas Storch richtete seine Frage auf das Radwegekonzept der Stadt, insbesondere in Bezug auf das Schulzentrum. Er beklagte die fehlenden sicheren Radwege für Schülerinnen und Schüler auf der Hohenberger Straße und fragte nach konkreten Maßnahmen. Pötzsch konnte Storch zwei positive Nachrichten übermitteln: Zum einen sei die Einrichtung einer Querungshilfe in Form eines Zebrastreifens auf der Hohenberger Straße in Höhe des Theaters geplant, inklusive Fahrbahneinschränkung zur Reduzierung der Geschwindigkeit. Zum anderen werde der Radweg entlang des Schulzentrums kontinuierlich weiterentwickelt, sodass eine sichere Verbindung für Radfahrerinnen und Fußgänger in absehbarer Zeit gewährleistet sein wird.

 

Ein weiterer Bürger erkundigte sich nach dem Projekt Kornberg, insbesondere nach dem Bikepark, dessen Fertigstellung noch auf eine gerichtliche Entscheidung wartete. Der Landrat berichtete, dass der pädagogische Erlebnisspielplatz bereits erfolgreich in Betrieb genommen worden sei und das Kornberghaus gut genutzt werde. Die Entscheidung des Gerichts sei allerdings noch ausstehend, und die Stadt könne lediglich weiterhin den Fortschritt verfolgen und nachhaken.

 

Helmut Resch appellierte an die Stadtverwaltung, das Thema Design in Selb weiter zu fördern. Er verwies auf die Rolle der Stadt als „Designstadt“ und betonte, dass sowohl städtische Neubauten als auch private Investitionen stärker gestalterisch begleitet werden sollten. Konkret sprach er sich für städtebauliche Wettbewerbe, architektonische Beratung und die Unterstützung privater Eigentümer bei der Sanierung von Gebäuden aus.

Ulrich Pötzsch griff diese Anregung auf und erklärte, dass die Stadt Selb bereits umfangreiche Aktivitäten in diesem Bereich umsetze. So berichtete er, dass man in diesen Bereichen neue Förderprogramme für private Investoren bis zu 120.000 Euro Zuschüsse für Investitionen in die Innenstadt bereitstelle. Außerdem würden Beratungs- und Planungsleistungen zur architektonischen Begleitung angeboten. Zudem nannte der Oberbürgermeister ein konkretes städtebauliches Projekt rund um die ehemalige Bürgerbräu-Brauerei, bei dem die Stadt in diesem Jahr weitere Grundstücke erworben hat, um die zukünftige Nutzung und Gestaltung zu steuern. Die Stadt Selb möchte sich in dieses Projekt dort dann wieder mit einem Hortangebot einkaufen.

 

Elke Schertel aus Erkersreuth in der Bergstraße äußerte die Problematik fehlender Gehwege in ihrer Straße und die damit verbundenen Gefahren durch hohen Verkehr, insbesondere für Kinder und Eltern mit Kinderwagen. Sie fragte, ob eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30 km/h eingerichtet werden könne. Der Oberbürgermeister nahm das Anliegen auf und kündigte an, dass die Stadt die Situation prüfen und gegebenenfalls Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung einleiten werde.

 

Abschließend bedankte sich der Oberbürgermeister bei allen Bürgerinnen und Bürgern für ihre Teilnahme und ihre konstruktiven Beiträge. Er betonte, dass die Versammlung zeige, wie eng die Stadtverwaltung mit den Bürgerinnen und Bürgern sowie der lokalen Wirtschaft verbunden sei. Die aufgeworfenen Fragen und Anregungen würden in den entsprechenden Fachbereichen weiterverfolgt und in die laufenden Planungen einbezogen.

FacebookXingTwitterLinkedIn