2.7.2016 – Vor 125 Jahren begann Philipp Rosenthal sen. mit einer eigenen Porzellanproduktion, sein Sohn Philip Rosenthal jun. wäre in diesem Jahr 100 Jahre alt geworden. Der Mythos um die beiden bedeutenden Unternehmer lebt weiter: mit einer Sonderausstellung
im Porzellanikon. Im Rahmen eines Festakts wurde diese am Freitagabend offiziell eröffnet. Die Besucher der beiden Museen in Selb und Hohenberg haben ab heute die Gelegenheit, die bislang größte Ausstellung rund um die beiden Unternehmer zu besuchen. Die Jubiläumsausstellung dauert bis zum 13. November 2016.
Die Ausstellung „Rosenthal – Ein Mythos. Zwei Männer schreiben Geschichte“ stellt an beiden Standorten den Firmengründer, seinen Sohn und deren Unternehmen vor. Zwei Männer, die unterschiedlicher nicht hätten sein können: der Vater, eine klassische Unternehmerpersönlichkeit, der vor genau 125 Jahren den Grundstein für die Erfolgsgeschichte des international führenden Anbieters zeitgemäßer Tisch- und Wohnkultur legte, und der Sohn, der als Visionär und moderner Marketingmann das Profil von Rosenthal schärfte.
So faszinierend diese Geschichte ist, so beeindruckt zeigte sich Museumdirektor Wilhelm Siemen über rund 450 geladene Gäste, die der Einladung zur Ausstellungseröffnung gefolgt waren. Unter diesen waren Bayerns Kultusminister Dr. Ludwig Spaenle, Dr. Günther Denzler seitens des Stiftungsrats der Oberfrankenstiftung, der Geschäftsführer der Rosenthal GmbH Pierluigi Coppa sowie aus der Familie Rosenthal Shealagh de Beurges Rosenthal, die allesamt Grußworte ausrichteten. Dr. Spaenle würdigte die beiden Rosenthal als Visionäre weit über den Standort Selb hinaus. Ihr Name stehe für hochwertige Porzellanerzeugnisse. Darüber hinaus seien sie Persönlichkeiten, die es verdienen, dass sich das Porzellanmuseum mit ihre Biographien und ihren Werken auseinandersetzt. Auch Coppo würdigte das Schaffen von Rosenthal. Dieses Erbe gelte es zu erhalten. Seit der Übernahme des Unternehmens im Jahr 2009 habe man bereits viel am Standort Selb investiert. Auch wenn es weiter viel zu tun gebe, sei man auf einem guten Weg. Rund 800 Mitarbeiter beschäftigt Rosenthal gesamt. Shealagh de Beurges Rosenthal, eine der fünf Kinder von Philip Rosenthal jun., freute sich über die Ehre, die man ihrem Vater und Großvater mit der Sonderausstellung erteilt. Zwar sei ihr Vater stets sehr fleißig gewesen, sie sprach aber auch die vielen Menschen und Mitarbeiter um ihn rum an, die zum großen Erfolg beigetragen hatten.
Konzipiert hat die Ausstellung Museumskuratorin Petra Werner, die zugleich der Unterstützung vieler dankte. Die Jubiläumsaustellung selbst ist an insgesamt drei Schauplätzen an den beiden Standorten des Porzellanikons in Hohenberg an der Eger und Selb aufgeteilt. Dokumentiert wird die Geschichte der beiden Männer mit alltäglichen und herausragenden Porzellanen sowie noch nie gezeigtem Archivmaterial, darunter Skizzenbücher und Fotos.
In Hohenberg werden insbesondere die faszinierenden Kunstporzellane unter der Ägide von Philipp Rosenthal sen. präsentiert. Darunter ist eine Vase, die 1900 auf der Weltausstellung in Paris prämiert wurde, zu sehen. Im Porzellanikon Selb wird die Imageveränderung der Marke durch Philip Rosenthal jun. und seine Vision vom Dreiklang auf dem gedeckten Tisch bis hin zur Manufaktur des Wohnens mit Möbeln und Kunstobjekten erlebbar. Als besonderer Höhepunkt ist die Rosenthal-Abteilung des Porzellanikons im Brennhaus der ehemaligen Rosenthal-Fabrik mit ihrem imposanten Rundofen neu inszeniert. Bekannte Dekore aus der Firmengeschichte zieren die 44 Fenster der Halle und geben ihr den Charakter einer Industriekathedrale. Mehrere Themeninseln beleuchten in einer Gegenüberstellung von Vater und Sohn die Geschichte des Unternehmens und die Produktinnovationen vor dem Hintergrund der Entwicklung der Tischkultur der jeweiligen Zeiten. Auch werden die Bestrebungen beider Männer, Kunst zu schaffen, eindrucksvoll vor Augen geführt.
Weitere Informationen im Internet unter porzellanikon.org – Öffnungszeiten jeweils Dienstag bis Sonntag und an Feiertagen von 10-17 Uhr
Info(Quelle: Porzellanikon)
Vom Tellerwäscher zum Großunternehmer: Philipp Rosenthal sen. (1855 Werl/Westfalen – 1937 Bonn)
Bevor Philipp Rosenthal seine eigene Firma gründete, arbeitete er als Laufbursche und Tellerwäscher in New York und gelangte wohl über seien Tätigkeit für einen Porzellan-Importeur nach Selb. In kürzester Zeit baute er durch Qualität, feines Gespür für die Zeitströme und dem Geschmack des Publikums Rosenthal zu einem der führenden Porzellanproduzenten auf. Als erster Privatunternehmer im Bereich der Porzellanindustrie setzte er seinen Namenszug unter jedes Produkt. Der Kosmopolit und Grandseigneur zählte zu den ersten Autofahrern Europas und traf sich mit einflussreichen Persönlichkeiten, etwa Reichspräsident Friedrich Ebert oder Paul von Hindenburg. 1934 schied er aufgrund seiner jüdischen Herkunft aus dem Unternehmen aus. Der Firmenname wurde dank seines Weltrufs weitergeführt.
Vom Legionär zum Design-Pionier: Philip Rosenthal jun. (1916 Berlin – 2001 Selb)
Philip Rosenthal jun. trat 1950 in das väterliche Unternehmen ein, nachdem er zuvor in England als Journalist und im Foreign Office gearbeitet sowie in der französischen Fremdenlegion in Algier gedient hatte. Mit seinem Gespür für Produkte, Markt und Öffentlichkeit krempelte er das bestehende Image um und machte die Firma zu einem Vorreiter des modernen Produktdesigns. Wie kaum ein anderer Industrieunternehmer dieser Zeit arbeitete er dabei mit namhaften Künstlern und Designern zusammen, darunter Henry Moore, Lucio Fontana und Salvator Dali. Auch die Firmengebäude wurden von bedeutenden Gestaltern, wie Walter Gropius, Otto Piene, Friedensreich Hundertwasser und Marcello Morandini geplant. Als Sozialdemokrat und Bundestagsabgeordneter hatte er enge Beziehungen zu wichtigen Politikern seiner Zeit, etwa Willy Brandt oder Helmut Schmidt. Zudem suchte er stets neue Herausforderungen im Sport als Extrembergsteiger, Schwimmer, Ruderer oder Wanderer.