17.5.2018 - Das Selber Kino hat eine Zukunft! Die Stadt Selb wird das Kino-Center samt Einrichtung kaufen und zukünftig unter einer Neuausrichtung als „Kommunales Kino" betreiben. Nach ausgiebiger Diskussion stimmte der Selber Stadtrat mehrheitlich mit 15:8 Stimmen für dieses Konzept (über dieses berichtete selb-live.de bereits ausführlich).
Der Kaufpreis liegt bei 350.000 Euro, Umbaumaßnahmen werden mit rund 300.000 Euro veranschlagt. Von städtischer Seite aus soll dieser Betrag auf 80.000 Euro gedeckelt werden.
Es war eine lange, ausgiebige und nach Worten von Oberbürgermeister Uli Pötzsch auch sehr sachliche Diskussion in der Sitzung der Selber Stadtrats am Mittwochabend. Zeit für ein Thema, die man sich ohnehin in den vergangenen Wochen und Monaten genommen hat. "Und das war auch gut so", meinte das Stadtoberhaupt. Unterschiedlicher Meinung zu sein, das sei in einer Demokratie sowieso legitim. Er selbst als Befürworter der Einrichtung und des vorgestellten Konzepts machte sich im Gremium noch einmal stark, stellte sich in die Mitte der Runde und plädierte klar für den Kauf des Kino-Centers und den zukünftigen Betrieb dessen durch die Stadt Selb. Sein Blick galt dabei dem zuletzt auch deutlichen Rückhalt aus der Bürgerschaft. Jugendbeirat, Seniorenbeirat, VdK, das Team der Grenzlandfilmtage, hunderte Schüler und viele mehr hätten mit unterschiedlichen Aktionen klar Flagge für das Selber Kino gezeigt. In den Sozialen Medien war das Kino beherrschendes Thema. Deutliche Signale, die Pötzsch bekräftigt hätten, sich für das Selber Kino zu positionieren.
Er erinnerte noch einmal an die Ausgangslage. Vor rund eineinhalb Jahren kündigte Eigentümer und Betreiber Michael Thomas aus Bayreuth die Schließung zum Ende des Jahres 2017an. Nicht etwa aus finanziellen Gründen, vielmehr sei es schwierig, Selb aus der Ferne zu steuern und man mit Bayreuth, Amberg und Weiden auch größere Cineplex zu leiten habe.
Nun hätte man, so Pötzsch, die Schließung hinnehmen können, vielmehr wurde sich aber über eine Fortsetzung des Betriebs ausgesprochen. Ein privater Käufer fand sich (bis heute) genauso wenig, wie die Möglichkeit, das Kino durch einen Verein oder ähnlichem zu betreiben. Fortan wurde die Idee des "kommunalen Kinos" verfolgt, so wie es in vielen anderen Städten bereits der Fall sei. Nur eben weg vom reinen Kinobetrieb, sondern mit Absicht, sich von Kinos in Hof und Marktredwitz differenzieren zu wollen, mit einer Neuausrichtung. Und dazu gehört ein Bistro, das Aufenthaltsqualität bieten soll. Ebenso viele Aktionen wie Themenkino, Live-Übertragungen von Sport-Veranstaltungen, Sondervorstellungen bis hin zur Nutzung der Räumlichkeiten von Firmen und Vereinen.
Die zugesagte Unterstützung seitens der Wirtschaft, die das Kino als einen wichtigen weichen Standortfaktor sieht, bekräftigte Pötzsch nun mit tagaktuellen Zahlen. Die Unternehmen NETZSCH, VISHAY, ESM und RAPA unterstützen die Umbaumaßnahmen mit zugesagten 180.000 Euro. Für den laufenden Betrieb hätten die RAPA und die Munitor Gruppe jährliche Sponsoring-Zahlungen von jeweils 5.000 Euro versprochen. Der Stiftungsrat der Helmut-Drexler-Stiftung signalisierte ebenso Unterstützung. Die Sponsorengelder brachten Beifall im Rathaussaal ein, in dem auch etliche Zuhörer der Diskussion lauschten.
Walter Wejmelka (SPD) unterstrich, dass seine Fraktion stets für den Erhalt des Selber Kinos gewesen sei, dies sei zuletzt missverstanden worden. Allerdings wird gefordert, das aus SPD-Sicht zu hohe Risiko einzudämmen, wenngleich das vorgelegte Konzept als gut bezeichnet wurde. Der Fraktionsvorsitzende ärgerte sich in diesen Zusammenhang über Aussagen, dass seine Partei kein Mut zeigen würde. Dies sei keineswegs der Fall. Gerade aber nach Jahren eines nicht genehmigten Haushaltes müsse man auf die Kosten achten, die Risiken überschaubar machen. Folglich der Vorschlag, die Ausgaben beim Umbau auf 80.000 Euro zu deckeln. Auch fordert die SPD bei der weiteren Planung klare Zahlen. Kai Hammerschmidt (SPD) blickt hierbei insbesondere auf die Folgekosten. Und bei allem derzeitigen Enthusiasmus fordert er auch Taten sämtlicher Unterstützer.
Seitens der CSU/FWS erklärte Wolfgang Kreil, dass seine Fraktion vom vorgelegten Konzept nicht überzeugt sei. Auch die dargelegten Zahlen und Aussagen des Oberbürgermeisters seien nicht aussagekräftig genug, vorgelegte schriftliche Unterlagen würden fehlen, so Aussagen zum Gebäudeunterhalt und den laufenden Gebäudekosten. Zu viele städtische Einrichtungen müsse die Stadt bereits mit Risiken und Defiziten tragen. Der Betrieb des Kinos mit einem Bistro würde zudem Konkurrenz zu gastronomischen Einrichtungen in der Stadt machen. Ausschließlich auf 450-Euro-Kräfte beim Betrieb zu setzen, könne langfristig höchstwahrscheinlich nicht gehalten werden. Die Umbaukosten in Höhe von 300.000 Euro seien als Minimallösung kalkuliert. Bei der angedachten Nutzung als "Kommunikationszentrum" sieht Kreil das bereits vorhandene Familienzentrum FAM als geeignet an, für Kleinkunst bestehen neben dem Theater Möglichkeiten ebenso im FAM, im Porzellanikon, bei der VHS bis hin zu Gastronomiebetrieben. Eine Lösung sieht die CSU/FWS-Fraktion nur in der Beteiligung Privater an den Kosten und am Betrieb, so in der Form an einer Beteiligung an einer GmbH. Dr. Herrmann Friedl (CSU/FWS) vermisste dazu die gleiche Unterstützung wie beim Kino auch bei den Sportvereinen. Diese müssten auch mit Risiken Sportstätten erhalten und sanieren. Pötzsch erwähnte in diesem Zusammenhang, dass Vereine bei Investitionen mit elf Prozent Zuschuss unterstützt werden, dies auch in den vergangenen Jahren trotz nicht genehmigten Haushalts. Die Stadt sei hier kommunaler Dienstleister. Dies jüngst auch bei der Vermittlung von Investoren wie beim möglichen Verkauf des Freigeländes des TS Selb.
Dr. Klaus von Stetten (Aktive Bürger Selb) freute sich über das großartige Engagement vieler Bürger als auch der Unternehmen. Und seine Fraktion ist sich sicher, das weitere Unterstützer gefunden werden. Dies seitens der Wirtschaft und über einen noch zu gründenden Förderverein. Nur brauche es nun endlich eine Entscheidung und deutliche Signale. Folglich stimmten die Aktiven Bürger Selb als Kompromiss zu, den städtischen Anteil auf die vorgeschlagenen 80.000 Euro zu deckeln. Eine weitere Vertagung des Themas bis zu einer Entscheidung wollte man vermeiden. Bei der Finanzierungslücke (40.000 Euro) hofft die Fraktion auf weitere Unterstützung. Sponsorengelder einzutreiben sei, so die Meinung aller Stadträte, u.a. eine Aufgabe der neu einzustellenden Mitarbeiterin, die das Konzept erarbeitet hatte und als Sachbearbeiterin im Kulturamt der Stadt Selb eingestellt wird. Auch die Gründung eines Fördervereins soll zügig vorangetrieben werde.
Der Kauf des Kinos wurde folglich mit 15:8 Stimmen beschlossen. Dafür stimmten die anwesenden Mitglieder der SPD- und Aktiven Bürger-Fraktion einschließlich Oberbürgermeister Pötzsch, CSU/FWS stimmten dagegen.
Kino-Eigentümer Michael Thomas kündigte an, das Selber Kino-Center im Oktober 2019 bis zu den Grenzlandfilmtagen 2019 wieder öffnen zu wollen. Zum 1. Mai 2019 wird die Stadt dann das Gebäude kaufen. Vereinbart als Entgegenkommen wurde die Zahlung in zwei Raten, 200.000 Euro im Haushaltsjahr 2019, weitere 150.000 Euro im darauffolgenden Jahr. Nach Umbaumaßnahmen (Foyer (Bistro), Toiletten, barrierefreier Zugang...) wird das Selber Kommunalkino spätestens Ende des Jahres 2019 neu eröffnet.