23.10.2016 – Mit einer Melange aus meditativen Klängen und wahren Klangsalven und Stakkato-Stürmen demonstrierte der Meisterorganist Josef Bernard Prokop aus Prag am Samstag im Rahmen des Kirchweihkonzerts in der Kirche Zum Guten Hirten das gewaltige Klangvolumen der Erkersreuth Späth-Orgel. Es waren starke Stücke aus dem 17. und 18. Jahrhundert zu hören, intensiv und leidenschaftlich dargeboten von dem musikalischen Gast aus der tschechischen Hauptstadt.
Josef Bernard Prokop kommt aus Prag und ist auch dort geboren. Er hat daselbst Orgel, Klavier und Musikwissenschaft studiert und tritt europaweit mit Orgelkonzerten in Erscheinung. Der Musiker ist Präsident der tschechischen Jan-Ladislav-Dusik-Gesellschaft. Er lehrt Musikwissenschaften, hat acht Fachbücher veröffentlicht und arbeitet auch als Musikredakteur im Radiobereich.
Die Tongewalt der Stücke und der dazu kongenialen Orgel setzte schon zu Beginn bei der Toccata in C-Dur von Bohuslav Matěj Černohorský ein. Strahlend und majestätisch präsentierten sich hier Organist und Orgel, bevor der Komponist in der Fuge c-Moll einen Kontrapunkt setzt. Diese Fuge kommt zunächst etwas düster und dunkel, dumpf und getragen daher, geht aber dann doch trotz Moll in voranstrebende fast heitere Zwischentöne über, bevor der Schluss fast unvermittelt kommt. Prokop schafft es mühelos, bei diesem Werk seines Landsmannes die Feinheiten herauszuspielen. Das sollte auch bei den weiteren Stücken so bleiben.
Klangschöner französischer Barock war anschließend bei „Dialogue“ von Louis Marchand zu hören. Hier dialogisiert nun tatsächlich ein dumpfer Unterton mit sehr melodiösen, ja verspielten Obertönen. Dieser Widerstreit der tonalen Temperamente endet freilich in schönen großen harmonischen Bögen, Prokop erfasst die Formschönheit des Barock und interpretiert sie mustergültig.
Mit Johann Pachelbel stand anschließend ein deutscher Barockmeister auf dem Programm. Auch bei dessen Ciaccona in f gelingt es Prokop, Nuancen zu betonen, ohne die Gesamtaussage des Motivs einzuengen. Besinnlich, ruhig und verhalten, dabei meditativ und tiefsinnig zugleich kommt dieser Pachelbel daher. Und auch wenn sich im Verlauf Rhythmik und Dynamik profilieren und steigern und die kleine Ciaconna viele Klangfarben in nur einem Stück versammelt, so bleibt doch die Atmosphäre nachdenklicher Hintergründigkeit bei diesem Stück dominierend, das dann freilich in ganz eleganten und feinen Tönen ausklingt. Hier wird Kirchenmusik zum Gebet und zur Anbetung.
Und so ging es munter weiter in dem Klangfeuerwerk, das Prokop in Erkersreuth entfaltete. Bei dem ausgesprochen melodiösen Concerto in D des Franzosen Claude Balbastre kommen wuchtige und strahlende Motive zu Gehör, ergänzt um manchen schmetternden Stakkato-Sturm, der dem Musiker auf seiner Orgelbank auch vollen Körpereinsatz abverlangt, bevor das Werk in weichen, gefühlvollen, ja sanften Takten ausklingt. Verspielt und fantasievoll präsentierte sich das Praeludium a fuga in G von Johann Caspar Ferdinand Fischer, bevor mit der Fantasia und Fuge in a Moll des großen Meisters Johann Sebastian Bach abschließend wahre Klangwirbel den Kirchenraum erfüllen, die gleichermaßen triumphal und feinziseliert wirken.
Es war große Orgelkunst, die hier geboten wurde. Das Publikum würdigte das musikalische Gastspiel mit viel Applaus und stehenden Ovationen und entließ den Gast aus Tschechien erst nach einer Zugabe. Schade, dass sich nur rund 30 Zuhörer eingefunden hatten, um dieses Konzert mitzuerleben, bei dem in diesem Falle Josef Bernard Prokop wieder einmal vorführte, was in der Späth-Orgel der Kirche Zum Guten Hirten in Erkersreuth steckt.
selb-live.de – Presseinfo