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selbbach 062315.6.2023 - Im Zuge der Bayrisch-Tschechischen Freundschaftswochen zum Thema „Wassertage“ hat Gerhard Bock eine kleine Geschichte zum Selbbach geschrieben. Erstmals „af Söllwerisch“ vorgetragen wurde diese im Rahmen der Veranstaltung den Besuchern am Selbbach bei der Kneippanlage. Nachfolgend gibt es die Geschichte zum Nachlesen…

„Eingtle binne ja a Tschech“, murmelte der Selbbach so vor sich hin, als ich an einem schönen Abend in den herrlichen Selbbachauen unterhalb vom Goldberg an seinem neuen Bachbett sitze und mir die Abendsonne ins Gesicht scheinen lasse. Und dann lausche ich seiner Erzählung, teils gemurmelt, so dass ich ihn kaum verstehe, dann wieder klar und deutlich.

„Meinen Ursprung habe ich in Asch, gleich hinter der Landesgrenze, unterhalb der ehem. Grenzsoldaten-Kaserne. Wenige Meter nach meiner Geburt werde ich durch ein altes Holzrohr unter der Straße in Richtung Süd-Westen geleitet. Nach etwa einem Kilometer kommt dann von links ein Rinnsal. „Gestatten, Alting“, so stellt es sich mir vor und fragt mich: “Wohin des Wegs?“. „Naou Söll“. „Darf ich dich begleiten?“ „Ner zou“, ist meine Antwort. So laufen wir denn zu zweit in westliche Richtung. „Darf ich mich anschließen?“, fragt plötzlich ein weiteres Rinnsal von links, das sich als Nesselbach vorstellt. So sind wir schon zu Dritt und nähern uns dem Pentzelteich bei Mühlbach. Dort stand zu früherer Zeit einmal eine Mühle, wenn ich mich recht erinnere.

Inzwischen habe ich meinen beiden Weggefährten erklärt, dass wir ab jetzt als „Selbbach“ weiterlaufen. Von diesem Teich aus fließen wir dann weiter in westlicher Richtung, sehen vor uns die Ortschaft Mühlbach und nähern uns der Papiermühle. Nachdem wir diese Gebäude passiert haben geht es weiter zur Sommermühle. Auf den Weg dorthin fällt mir ein, dass man mir im Jahr 1928 ein schönes Stück vor der Mühle einen Teil meines Wassers gestohlen hat, weil man zum Betrieb eines Wasserrades der Sägemühle und der „Braoutmühl“ einen Kanal baute, in welchem das mir gestohlene Wasser geflossen ist. Nach der Braoutmühl wird mir das Wasser dann dankenswerterweise wieder zurückgegeben.

Dann laufen wir weiter, vorbei an den Gebäuden der Sommermühle, Richtung Stopfersfurth. Als wir unterhalb dieses Ortsteils unter der „Richard-Rogler-Brücke“ durchlaufen fällt mir ein, dass hier im Jahre 1890 die erste Selber Kinderbadeanstalt bestand. Man hatte mich zu diesem Zweck kurz vor dem jetzigen Christian-Höfer-Ring angestaut. Es wurden für das Bad auch zwei Holzhütten zum Umziehen gebaut, der Eintritt kostete 10, mit Handtuchbenutzung 15 Pfennige. Das Bad wurde aber nach einiger Zeit wieder aufgegeben, und ich konnte ungehindert weiterlaufen.

selbbach 0623Nachdem ich früher in der Ludwigsmühle ein Wasserrad der dortigen Säge- und Mahlmühle angetrieben hatte, wurde mir schon wieder ein Teil meines Wassers geklaut. Man hatte ab dort in der Pfaffenleithe den sogenannten Mühlgraben ausgehoben, der unterhalb vom „Pollerer“ (Bezeichnung alter Söllwer für den Zeidlersberg - Gelände neben dem Grenzlandtheater) zur „Nahrmühle“ (jetzt Fischgeschäft Tauer) führte. Das mir gestohlene Wasser trieb dort ein Wasserrad an.

Als Hans Vogel 1910 das Lichtspielhaus (heute Rosenthal-Theater) gebaut hatte, beantragte er 1918, an dieser Stelle, mit einem Wasserrad einen Generator betreiben und damit eigenen Strom für sein Kino gewinnen zu dürfen, was ihm von der Regierung 1922 genehmigt wurde. Diesen Mühlgraben hat man in den 50iger Jahren zugeschüttet und darauf einen Fußweg gebaut. Ab dieser Zeit hat man mir mein Wasser wieder in mein richtiges Bett zurückgegeben.

In diesem laufe ich dann in Richtung Rathaus, vorbei an dem Piratenschiff am Wasserspielplatz.

Vor dem alten Kantorat befand sich einmal ein Wehr, mit welchem man mich im Winter anstaute, um eine Eisfläche zu schaffen, auf welcher sich Schlittschuhläufer vergnügen konnten. Erinnern kann ich mich noch, dass dort auf mir, zu einer Eisfläche geworden, in den 50iger Jahren der VER Selb seine ersten Eishockeyspiele ausgetragen hat.

Im Stadtgebiet werde ich dann wassermäßig unterstützt vom einmündenden Erkenschraater Booch, vom Schaoufbooch (Vieitzer Bächlein) und vom Engelmessbooch.

Mein Bett verläuft dann weiter hinter dem Rathaus und von dort an der Alten Mühle vorbei in Richtung Alter Schlachthof. Und dort haben sie mir auf meine alten Tage tatsächlich noch ein Kneippbecken verpasst. Im Sommer stiefeln da die Leute mit nackten Beinen in meinem Bett herum. Daran muss ich mich erst noch gewöhnen.

Nachdem ich die Brücke am Papiermühlweg hinter mir gelassen habe freue ich mich, dass Wohlgesonnene mich unterhalb des Goldberges aus meinem starren Korsett befreit haben und ich mich in angenehmen Windungen durch dieses schöne Gelände schlängeln darf. An diesem Naherholungsgebiet, so höre ich immer wieder, erfreuen sich viele Selberinnen und Selber. Ja, und dann laufe ich durch ein herrliches Tal, vorbei an Unterweißenbach in Richtung Schwarzenhammer und vereinige mich dort mit der Eger. Mit ihr fließe ich dann zurück nach Tschechien und so schließt sich der Kreis. Geboren in Tschechien, ein langer Weg durch Bayern, um schließlich in mein Geburtsland zurückzukehren“ murmelt der Söllbooch, nun doch vom langen Erzählen etwas müde geworden.

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