12.7.2018 – Ausführlich und über eine Stunde lang hat der Selber Stadtrat in seiner Sondersitzung am Mittwochabend über die Förderinitiative „Innen statt Außen und „Flächenentsiegelung“ debattiert. Gesehen wird ein kostenträchtiger Mehraufwand und folglich auch eine erneute Hürde für die Umsetzung von Projekten bei den Bayerisch-tschechischen Freundschaftswochen Selb 2023…
Darum geht’s: Der Bayerische Ministerrat hat in seiner Sitzung am 15. Mai 2018 beschlossen, zwei neue Förderinitiativen im Rahmen der Städtebauförderung umzusetzen, um die Gemeinden bei der Belebung ihres Ortskerns und beim Flächensparen zu unterstützen.
Mit Wirkung ab dem Programmjahr 2018 werden in der Förderinitiative „Innen statt Außen“ Gemeinden bei ihrem Engagement zum Flächensparen mit einem erhöhten Fördersatz unterstützt, in der Förderinitiative „Flächenentsiegelung“ Gemeinden bei der Entsiegelung befestigter Flächen unterstützt.
Die Umsetzung des Ministerratsbeschlusses im Bereich der Städtebauförderung erfolgt auf der Grundlage der Städtebauförderungsrichtlinien.
Gemeinden in ganz Bayern, die sich durch einen Beschluss und ein städtebauliches Konzept dazu verpflichten, vorrangig Innenentwicklung zu betreiben, erhalten im Rahmen der Förderinitiative „Innen statt Außen“ einen Fördersatz von 80 Prozent der förderfähigen Kosten. Besonders struktur- und finanzschwache Gemeinden erhalten einen erhöhten Fördersatz von 90 Prozent der förderfähigen Kosten. Ob eine Gemeinde diese Erleichterung in Anspruch nehmen kann, entscheidet sich anhand der Punktezahl im Struktur und Härtefonds und im Rahmen der verfügbaren Mittel.
Im Förderprogramm „Flächenentsiegelung“ beträgt der Fördersatz 60% der förderfähigen Kosten. Auch hier kann ein erhöhter Fördersatz von 80 Prozent der förderfähigen Kosten, unter vorgenannten Voraussetzungen, gewährt werden. Auch hier entscheiden die Punktezahl im Struktur- und Härtefond und der Rahmen der verfügbaren Mittel.
Die Regierung von Oberfranken hat die Stadt Selb mit Email vom 25. Juni 2018 gebeten, folgende Maßnahmen für die neuen Bayerischen Förderinitiativen „Flächenentsiegelung“ und „Innen statt Außen“ für 2018 neu bzw. erneut anzumelden. Es handelt sich hier um die Fördermaßnahmen: Vorbereitende Untersuchung Bahnhofsumfeld Selb, „EUROPAN 15“ Ideenwettbewerb zur Weiterentwicklung des Bahnhofsumfeldes, Grunderwerb Bahnhofsumfeld, Begleitmaßnahmen bei der Renaturierung der Selbbach zur Umgestaltung und Aufwertung der Freiflächen sowie auch die Sanierung des Jochen-Klepper-Hauses in Selb-Plößberg
Die Anmeldung der Maßnahmen muss bis zum 16.07.2018 erfolgen – daher auch die Eile in Form einer Sondersitzung. Voraussetzung für die Gewährung von Mitteln im Rahmen der beiden Förderinitiativen ist das Vorliegen eines städtebaulichen Entwicklungskonzeptes sowie das Vorliegen eines gemeindlichen Selbstbindungsbeschlusses zur Innenentwicklung. Mögliche Inhalte eines solchen Beschlusses können beispielsweise die vorrangige Nutzung von Konversionsflächen, Brachen und Gebäudeleerständen sowie die Rücknahme von Bauflächen, die mittel- bis langfristig nicht benötigt werden, aus dem Flächennutzungsplan sein. Darüber hinaus sollte die Gemeinde mit dem Beschluss Bereitschaft zeigen, eine vorrangig auf die Innenentwicklung ausgerichtete Entwicklungskonzeption auch umzusetzen.
Es wird vorausgesetzt, dass das Integrierte Stadtentwicklungskonzept (ISEK) eine Selbstverpflichtung zur Innenentwicklung und zum Beispiel ein Leerstandsmanagement als Maßnahme enthält. Wenn dies nicht der Fall ist, soll ein Konzept als Ergänzung des ISEK erarbeitet werden. In diesem Fall gilt es, für die gesamte Stadt eine Leerstandserfassung und Kartierung, Bedarfsermittlung, Entwicklung von Umsetzungsmaßnahmen und Mobilisierungsstrategien in der bereits geplanten ISEK-Fortschreibung zum Beispiel zum Thema Wohnen zu berücksichtigen.
Seitens der Verwaltung wird darauf hingewiesen, dass auf Grund der derzeitigen Arbeitsbelastung die Erarbeitung der geforderten Unterlagen nicht durch das Stadtbauamt erfolgen kann. Es müsste also gegebenenfalls eine Fremdvergabe erfolgen. Auch dies sei keineswegs einfach und schnell möglich, ein geeignetes Ingenieurbüro damit zu beauftragen.
Insbesondere letztgenannter Punkt stieß bei den Stadträten auf wenig Gegenliebe, bezogen auf die Projekte im Zuge der Bayerisch-Tschechischen Freundschaftswochen Selb 2023. „Einst wurde uns für dieses Sonderformat eine hundertprozentige Förderung versprochen“, erinnerte Dr. Klaus von Stetten (Aktive Bürger Selb). Nach und nach seien aber immer wieder neue Hürden hinzugekommen. „Die Freundschaftswochen sind kein Projekt der Stadt Selb, sondern ein Projekt des Freistaats Bayern“, mahnte er an. Folglich müsse die Regierung dieses Sonderformat einer ursprünglichen angedachten Landesgartenschau auch positiv begleitet werden, dies mit einem eigenen Sonderbudget. Der Fraktionsvorsitzende sprach nun gar von einem Erpressungsversuch. Die Stadtverwaltung müsse enormen Aufwand betreiben, um hohe Förderungen bekommen zu können, die Kosten trage hierfür ebenso die Stadt Selb.
Walter Wejmelka (SPD) schlug in die gleiche Kerbe. „Ein Sonderformat benötigt eine Sonderförderung“, zeigt er sich alles andere als davon angetan, dass Projekte nur über bestehende Förderprogramme zu verschiedenen Fördersätzen gefördert werden können. Viel habe man schon im Bezug auf die Freundschaftswochen hinnehmen müssen, nun müsse man sich unbedingt bemerkbar machen.
Wolfgang Kreil (CSU/FWS) schloss sich seinen Vorrednern an. Er fordert dazu, dass die Regierung von Oberfranken dem Stadtrat gegenüber klar Stellung beziehen soll. Das sieht auch Kai Hammerschmidt (SPD) so. Er verstehe bei den vielen Hürden keinen Spaß, vielmehr zunehmende Politikverdrossenheit bei den Stadträten selbst.
Ausführlich wurde im Stadtrat diskutiert. Schließlich aber sieht Oberbürgermeister Pötzsch im neuen Programm eine Vereinfachung, würden die höheren Fördersätze garantiert. Mit 14:7-Stimmen wurde mehrheitlich dem Selbstbindungsbeschluss zugestimmt. Dies allerdings unter den Voraussetzungen, dass die bereits angemeldeten Projekte nicht neu überarbeitet müssen, dieser Beschluss vorrangig auf Konversionsflächen, Brachen, Gebäude und Leerstände zu nutzen gilt und auf eine Innenentwicklung auszurichten ist. Die erforderlichen Planungsleistungen sollen sich auf den bereits erstellten Masterplan und die in Auftrag befindliche Fortschreibung des ISEK beschränken.