27.6.2025 - Die mögliche Erhöhung der Grundsteuer war eines der zentralen Themen der jüngsten Sitzung des Selber Stadtrats. Konkret stand die Entscheidung über eine neue Hebesatzsatzung zur Diskussion, die auf Basis der Grundsteuerreform notwendig geworden war. Trotz detaillierter finanzieller Ausführungen durch Stadtkämmerer Christopher Lang sprach sich das Gremium jedoch gegen die sofortige Umsetzung einer Erhöhung aus.
Kämmerer erläutert finanzielle Hintergründe
Bereits im Oktober 2024 hatte der Stadtrat erste Hebesätze für die reformierte Grundsteuer festgelegt: 240 v.H. für die Grundsteuer A (land- und forstwirtschaftliche Grundstücke) und 250 v.H. für die Grundsteuer B (bebaute und bebaubare Grundstücke). Ziel war es, den Vorgaben der Regierung zur sogenannten „Aufkommensneutralität“ zu folgen – also trotz der veränderten Berechnungsgrundlagen insgesamt gleichbleibende Einnahmen zu erzielen.
Doch wie Kämmerer Lang nun darlegte, verfehlen die aktuellen Hebesätze dieses Ziel deutlich: „Eine Analyse der tatsächlichen Einnahmen zeigt, dass wir die Vorjahreswerte mit den derzeitigen, bewusst knapp kalkulierten Hebesätzen nicht erreichen.“ Auch wenn einige Daten noch fehlen, sei nicht damit zu rechnen, dass sie die bestehende Lücke vollständig schließen könnten.
Hinzu kommen weitere Belastungen: Der Antrag auf Stabilisierungshilfe 2025 stellt klare Anforderungen an die städtische Haushaltsführung. Gleichzeitig steigt die Kreisumlage weiter an – eine Belastung, die alle Städte und Gemeinden im Landkreis gleichermaßen trifft. All dies mache eine Erhöhung der Hebesätze aus Sicht der Finanzverwaltung unausweichlich.
Lang schlug deshalb vor, die Hebesätze wie folgt anzupassen:
Grundsteuer A: Anhebung auf 500 v.H. (zur Annäherung an den Haushaltsansatz von ca. 72.500 Euro)
Grundsteuer B: Anhebung auf 270 bis 280 v.H. (zur Deckung des Haushaltsansatzes von rund 2,32 Millionen Euro)
Ein Blick auf benachbarte Kommunen zeigt, dass Selb mit diesen Sätzen im regionalen Vergleich nicht aus dem Rahmen fallen würde. Einige Nachbarstädte liegen sogar deutlich darüber, wie etwa Schirnding mit 380 v.H. bei der Grundsteuer A oder Hof mit 410 v.H. bei der Grundsteuer B.
Stadtrat sieht sich noch nicht in der Lage zur Entscheidung
Trotz dieser sachlichen Grundlage votierte der Stadtrat gegen die vorgeschlagene Hebesatzerhöhung – zumindest zum jetzigen Zeitpunkt.
Ramona Jülke-Miedl (Aktive Bürger Selb) machte den Anfang: „Wir sehen uns aktuell nicht in der Lage, dieser Hebesatzerhöhung zuzustimmen. Es fehlen noch zu viele verlässliche Daten. Wir sollten die finalen Zahlen für das Jahr 2025 abwarten und dann neu bewerten.“ Diese Position fand parteiübergreifend Zustimmung.
SPD-Stadtrat Walter Wejmelka wies insbesondere auf die geplante Erhöhung der Grundsteuer A hin: „Eine mehr als Verdoppelung dieser Steuer ist schlicht nicht vermittelbar – insbesondere nicht rückwirkend.“
Auch CSU-Fraktionsvorsitzender Matthias Müller stellte sich gegen die Erhöhung und kritisierte die Begründung mit der Kreisumlage: „Im Kreistag müssen wir geschlossen gegen diese Umlagensteigerung auftreten. Den Bürgerinnen und Bürgern jede Kostensteigerung eins zu eins weiterzugeben, ist das falsche Signal. Wir müssen auch auf der Ausgabenseite sparen.“
Oberbürgermeister Pötzsch: „Das schreit zum Himmel“
Oberbürgermeister Ulrich Pötzsch äußerte sich deutlich zur Rolle höherer Ebenen: „Was uns da von Bundesebene bis zur kommunalen Familie an Bürde aufgeladen wird, das schreit zum Himmel. Wer für diese Entscheidungen Verantwortung trägt, sollte sich ernsthaft fragen, ob das noch gerechtfertigt ist.“
Er betonte jedoch auch, dass die Debatte im Stadtrat sachlich und konstruktiv geführt wurde. „Wir sind uns politisch einig, dass jetzt nicht der richtige Zeitpunkt ist. Aber wir haben nun dank der Kämmerei erstmals eine solide Grundlage zur weiteren Bewertung.“
Entscheidung vertagt
Der Selber Stadtrat hat die Erhöhung der Grundsteuer zum jetzigen Zeitpunkt einstimmig abgelehnt. Eine Entscheidung soll zu einem späteren Zeitpunkt getroffen werden, wenn belastbare Zahlen vorliegen und eine realistische Einschätzung der finanziellen Gesamtlage für 2025 möglich ist.
selb-live.de - Michael Sporer