21.12.2016 – „Wir haben in den vergangenen drei Jahren unsere Schulden von rund 42 Millionen Euro auf rund 30 Millionen Euro abgebaut. Das ist nicht von Pappe“, resümierte Oberbürgermeister Uli Pötzsch am Mittwochabend in der Sitzung des Selber Stadtrats bei der Verabschiedung des Haushaltsplans 2017.
Noch ehe er auf diesen näher einging, zeigte die Stadtkämmerei dem Gremium die Haushaltssatzung. „Die von der Stadt Selb beschlossene und eingeleitete Konsolidierung wirkt sich mittlerweile positiv aus. Die Haushaltsplanung für das Jahr 2017 konnte im Hinblick auf diese Entwicklung deutlich anders strukturiert werden als noch die der Vorjahre. Als weiteres Orientierungsmerkmal diente das Jahresergebnis des abgeschlossenen Jahres 2015. Es ist dadurch gelungen, dass das ordentliche Jahresergebnis 2017 mit ca. 2.310 T€ Verbesserung gegenüber dem Vorjahr veranschlagt werden konnte“, berichtete Stadtkämmerer Heinrich Moser. Dabei wird die Stadt Selb im Ergebnishaushalt im Jahr 2017 bei den Steuern und ähnlichen Abgaben voraussichtlich 1.217 T€ mehr an Einnahmen erzielen, hier hauptsächlich bei der Gewerbesteuer. Bei den Zuwendungen und allgemeinen Umlagen verringern sich die Erträge um 468 T€ gegenüber Vorjahr. Die Schlüsselzuweisung fällt 2017 dagegen deutlich niedriger aus und wird nur ca. 1.106 T€ betragen.
„Weiterhin“, so der Stadtkämmerer, „ist es gelungen, natürlich insbesondere durch die erhaltenen Stabilisierungshilfen, den Schuldenstand der Stadt Selb zu reduzieren. Auch im Haushaltsjahr 2016 wird voraussichtlich am Ende des Jahres der Stand der langfristigen Bankverbindlichkeiten niedriger sein als zu Jahresbeginn.“
Daraus und aus den fortgesetzten Konsolidierungsanstrengungen werde erwartet, dass sich die Haushaltslage der Stadt Selb weiter verbessert und die dauernde Leistungsfähigkeit wieder hergestellt werden kann. Ausgeglichene und genehmigungsfähige Haushalte wären dann die Folge hieraus. „Gerade deshalb ist und bleibt es auch weiterhin von größter Bedeutung, dass ein strikter Sparkurs eingehalten, die Konsolidierung konsequent weitergeführt und die Nettoneuverschuldung auf ein unvermeidliches Mindestmaß eingedämmt wird“, machte Moser dem Gremium deutlich.
Um den Finanzhaushalt 2017 ordnungsgemäß abwickeln zu können, wären hierfür allerdings Fremdmittel in Höhe des Finanzmittelfehlbetrages erforderlich. Die Darlehensaufnahme 2017 würde somit 8.348.500 € betragen. Die Nettokreditaufnahme 2017 (Neuverschuldung abzüglich Tilgungen) würde sich demnach auf 7.151 T€ belaufen. Der Schuldenstand (tatsächlich aufgenommene Darlehen) der Stadt Selb würde sich bei Durchführung aller angemeldeter Maßnahmen von 30.644 T€ (voraussichtlicher Stand Ende 2016) auf 37.795 T€ (Ende 2017) erhöhen. In vorgenanntem Betrag sind die Darlehensaufnahmen des Eigenbetriebes „Abwasserbetriebe Selb“ nicht mit enthalten. 1998 waren bei Gründung 23,8 MioDM (= 12,2 Mio€) auf den Eigenbetrieb übertragen worden. Der Schuldenstand beträgt dort nach der Planung zum Jahresende 2016 voraussichtlich 10.345 T€.
Wie bereits in den Vorjahren wurden die eingereichten Haushaltsmittelanforderungen in nahezu allen Bereichen durch den Oberbürgermeister und die Kämmerei gekürzt. Dabei wurden die Planansätze bereits in erheblichem Umfang reduziert. Alle Haushaltsansätze wurden der Höhe nach genauestmöglich unter Beachtung der Vorschriften des Haushaltsrechts gebildet. Sämtliche Budgets wurden gegenüber dem Vorjahr unverändert belassen.
Die Veranschlagungen im Finanzhaushalt sollten auf nicht zurückstellbare Investitionen und nur unbedingt erforderliche Neuanschaffungen beschränkt werden. Der Finanzhaushalt selbst sieht wie folgt aus:
Saldo der laufenden Verwaltungstätigkeit: - 2.445.230 €
Saldo der Investitionstätigkeit: - 4.705.920 €
Saldo der Finanzierungstätigkeit: - 1.197.350 €
Auch in den Finanzplanungsjahren 2018-2020 müssen aufgrund der voraussehbaren Finanzlage die Eigenmittel vollkommen fremdfinanziert werden. Somit sei der Raum für zusätzliche Maßnahmen mit Folgekosten eingeschränkt.
„Wir wirtschaften mit sehr viel Verantwortung“, erklärte Pötzsch. Trotz des Abbaus von Schulden investiere man maßvoll aber auch zukunftsorientiert. Dies werde von den Aufsichtsbehörden respektiert und unterstützt. Der Rathauschef erwähnte bei den jüngsten größeren Investitionsmaßnahmen den Breitbandausbau, die Instandhaltung und Investitionen in städtische Einrichtungen wie die Eishalle und die Luitpoldschule. Für Firmenerweiterungen habe man Entwicklungsflächen bereitgestellt. Bei der Energiewende wie den Windkraftanlagen in Vielitz sei die Stadt beteiligt. Angestrebt wird zudem der Kindergartenneubau in Erkersreuth. Im Bereich Sicherheit wurde ein neues Drehleiterfahrzeug für die Feuerwehr angeschafft. Weiter werden Gewerbeflächen an der Autobahnanschlussstelle Selb-West entwickelt, an einem Umlegungsverfahren in Stopfersfurth sowie an der Zukunft der Innenstadt gearbeitet. „Man könnte an dieser Stelle noch viele weitere Maßnahmen nennen“, so Pötzsch. Und weiter: „Wir haben in den nächsten Jahren noch viel vor“, nannte er als weitere Beispiele u.a. den erforderlichen Eigenanteil bei den Investitionen rund um die Bayerisch-Tschechischen Freundschaftswochen im Jahr 2023, die Innenstadtentwicklung bis hin zu den Anstrengungen rund um den Wirtschafts- und Schulstandort Selb. Dabei soll der Haushalt stets solide geplant sein, neue Schulden vermieden werden.
Wolfgang Kreil, Fraktionsvorsitzender der Liste 1 (CSU/FWS), sieht den Haushaltsplan als ordentlich erstellt an, ebenso, wie sich die Finanzlage der Stadt besser als noch in den vergangenen 20 Jahren darstellt. Allerdings hatte er auch kritische Worte parat. Bei den angesprochenen Freundschaftswochen würde er keinerlei Bewegung erkennen. Auch bei Projekten wie dem Storg/FOC und seinen Auswirkungen auf Geschäfte und Hausbewohner vermisse man oft Informationen. Mehr Einbindung erwarte er sich zudem bei Projekten wie dem geplanten Wohnungsbau eines Investors an der Hartmannstraße. Überhaupt sei der Wohnungsneubau von enormer Bedeutung, hier müsse mehr geschehen. Die hohe Beteiligung beim Masterplan Innenstadt sei zwar erfreulich, ein Fassadenprogramm würde des Öfteren alleine jedoch nicht genügen. Neben der Innenstadt dürfe man auch die Stadteile wie abbruchreife Wohngebäude auf dem Vorwerk oder in Selb-Plößberg nicht außer Acht lassen.
Dr. Klaus von Stetten (Aktive Bürger) sieht die Stadt Selb in Sachen Konsolidierung auf einem guten Weg. Auch wenn man hin und wieder eben etwas länger warten müsse und man nicht rein auf Tempo, wie von der CSU/FWS gefordert, pochen könne, so investiere man mit viel Augenmaß. Er sieht den erarbeiteten Haushaltsplan als ehrlich und realistisch aufgestellt. Anstatt kritischer Worte erwartet er von der Fraktion der Liste 1 vielmehr konstruktive Vorschläge.
Walter Wejmelka (SPD) kritisierte eine jahrzehntelange verfehlte Strukturpolitik der Staatsregierung für die Region. Trotz Finanzspritzen „als Maßnahme der Wiedergutmachung“, so der SPD-Fraktionsvorsitzende, und trotz eines strikten Spar- und Konsolidierungskurses könne man es auch 2017 nicht schaffen, den Ergebnishaushaöt ausgeglichen zu gestalten. „Damit rückt eine Genehmigung des Haushaltes zum wiederholten Mal in weite Ferne. Der Grundsatz der kommunalen Selbstverwaltung wird damit ein weiteres Jahr heftig beschnitten“, so Wejmelka. Froh sei er, dass der Vorschlag seiner Fraktion im Plan aufgenommen wurde, die Mittel für die Asphaltdeckensanierung um 150.000 Euro zu erhöhen. „Wir alle reden seit Monaten berechtigterweise von Aufbruchsstimmung in der Stadt. Aufbruchsstimmung und Schlaglöcher passen aber nun einmal nicht zusammen“, so die Begründung.
Einstimmig wurde die vorgestellte Haushaltssatzung der Stadt Selb für das Haushaltsjahr 2017 durch den Selber Stadtrat erlassen.
selb-live.de – Michael Sporer