15.1.2019 – Abwechslungsreich, vielfältig im Musikstil und nach Epochen von barock bis modern, klangstark-virtuos in den Instrumenten und brillant-strahlend im Sopran. So lassen sich die Hörerlebnisse beim deutsch-tschechischen Neujahrskonzert zusammenfassen, zu dem die Kirchengemeinde Erkersreuth am Samstag in die Kirche Zum Guten Hirten eingeladen hatte.
Zwei Instrumentalisten und eine Sängerin aus Pilsen waren zu Gast: die Sopranistin Magdalena Mestlová, der bekannte Organist Jan Esterle sowie die Flötistin Hana Pumrová, die das Publikum mit ihrem Spiel auf der Querflöte und Blockflöten erfreute. Alle drei bilden ein unschlagbares Trio, wenn es darum geht, klassischen Werken genauso empathisch wie impressiv Leben einzuhauchen, sie werkgetreu darzubieten und gleichzeitig interpretatorisch auf der Höhe der Zeit in die Gegenwart zu transponieren. Das Konzert bot ein echtes musikalisches Erlebnis.
Die dargebotenen Werke des Abends waren höchst unterschiedlich und formten doch zugleich gemeinsam ein harmonisches Ganzes. Jan Esterle spielte auf der hochwertigen Späth-Orgel verschiedene Orgelwerke von Johann Sebastian Bach bis Josef Norbert Seger (1716 bis 1782). So bildete gleich die Toccata und Fuge C-Dur von Josef Seger einen äußerst klangstarken Auftakt für das ganze Konzert. Gleich drei Toccaten mit Fugen des berühmten tschechischen Komponisten und Organisten waren an dem Abend an der Orgel zu hören, außerdem moderne Stücke von Petr Eben, der 2007 starb, und Johann Sebastian Bach.
Seger ist ein jüngerer Zeitgenosse Bachs, der als Organist und Komponist in Prag wirkte. Die Werke Segers atmen große Energie und kombinieren diese mit tiefgründiger Besinnlichkeit. Dadurch wirken vor allem die Toccaten trotz ihrer barocken Entstehungszeit regelrecht modern und lassen der Kreativität breiten Raum. Jan Esterle schafft es, die Orgelstücke Segers authentisch und kongenial zu interpretieren, gleichzeitig aber der inneren, fast schon epochensprengenden Freiheit dieser Kompositionen an der Orgel luftig, frisch und grandios zugleich Ausdruck zu geben.
Der kompositorischen Absicht stets präzise folgend und dabei in der akustischen Wirkung doch pointiert spürt Esterle die innere Harmonie und den melodiösen Reichtum der Stücke gleichermaßen interpretatorisch auf und schenkt diese dem Publikum in seinem virtuosen Spiel an der Orgel, indem er die Struktur und Klangfarben der Stücke den Zuhörern regelrecht weiterreicht. Das gilt auch für das opulente Praeludium und die Fuge in E-Dur des deutschen Komponisten Vincent Lübeck, die zum Abschluss erklingt und ebenfalls barocke Harmonie aufregend unverbraucht spiegelt.
Gemeinsam mit der Flötistin Hana Pumrová erklingen mehrere Stücke für Orgel und Flöte, wobei Querflöten und Blockflöten gleichermaßen zum Einsatz kommen. Auch hier ist die Bandbreite gewaltig und reicht von barocken Choralvorspielen für diese beiden Instrumente von Dietrich Buxtehude zu „Befiehl du deine Wege“, „Erhalt uns, Herr“ und „Wir danken dir“ bis zum zweiten Satz aus der „Sonatina semplice“ und zwei fast schon lautmalerischen „Duettinos“ („Beschwichtigend“ und „Abendlich“) von Petr Eben. Flöten und Orgel verschmelzen hier zu einem musikalischen Wohlklang, der zu Herzen geht. Gleichzeitig fordern sie sich gegenseitig einiges ab und geben eine glänzende wie feurige Vorstellung ab. Behutsam und doch akzentuiert, eindringlich und doch abgeklärt kommt hier die Orgel daher, blitzsauber, warmherzig und feinsinnig, schwärmerisch, expressiv und einprägsam die jeweiligen Flöten. Esterle und Pumrová schwelgen sich in vollendeter Klangharmonie durch ihre gemeinsamen Stücke, sehr zur Freude des Publikums.
Einen weiteren Glanzpunkt des Konzerts setzt schließlich die Sopranistin Magdalena Mestlová. Mit ihrer wunderschönen reifen und souveränen, klaren wie strahlenden Stimme füllt sie – von der Orgel zurückhaltend und sensibel begleitet – die Kirche Zum Guten Hirten mühelos aus, ja sie könnte wohl ganze Kathedralen mit ihrer vollen Stimme klanglich füllen. Schmetternd, wohlig und ausladend im Forte, elegisch-zart, anrührend und herzergreifend bei den leisen Takten zeigt Mestlová, wie aufregend klassischer Sologesang sein kann.
Sie bietet ungewöhnlich rhythmische liturgische Gesänge von Petr Eben genauso überragend und glühend, funkelnd und prächtig dar wie etwa „Der lieben Sonne Licht und Pracht“ von Bach. Mit „Fac ut portem“ aus Gioacchino Rossinis „Stabat Mater“ erinnert sie an die Schönheit der italienischen romantischen Musik. Einen herzinnigen romantischen Ausdruck beinhaltet schließlich auch das „Ave Maria“ von Giulio Caccini in der Neubearbeitung des modernen amerikanischen Komponisten und Dirigenten Steven Mercurio. Hier hält das Publikum besonders inne, führt dieses Stück doch in der Interpretation Mestlovás weit über den Alltag und diese Welt hinaus in ganz andere Sphären des Daseins.
Das Publikum lauscht und genießt ergriffen und spendet den drei musikalischen Gästen aus Tschechien am Schluss dieses beeindruckenden Neujahrskonzerts minutenlangen Applaus und entlässt das Trio mit stehenden Ovationen zum Dank für diese grandiosen Musikeindrücke aus europäischen Landen.
selb-live.de – Presseinfo