30.4.2016 – Großartiges Können am Flügel, auf einzigartige Weise vereint mit Humor und Anmut, konnten die Besucher des Rosenthal-Theaters am Freitagabend genießen. Zwei Jahre nach Ihrem ersten Auftritt in der Porzellanstadt, waren Anne Folger und Jennifer Rüth mit Ihrem Programm „Tastenspiele“ zu Gast.
Gehüllt in farbiges Licht warteten auf der Bühne einander gegenüberstehend zwei Flügel auf das begabte Duo. Ganz passend zur Klaviatur in schwarz-weiß gekleidet, starteten die Damen schwungvoll und mit Präzision ihr außergewöhnliches Programm. Mit Isaac Albéniz‘ Asturias offenbarte sich auch gleich die Besonderheit des Auftritts der Künstlerinnen. Ihren Flügel funktionierte Anne Folger hierbei nämlich zum Zupfinstrument um und griff ihm beherzt in die Saiten. Den daraus resultierenden orientalischen Klang begleitete Jennifer Rüth derweil virtuos auf klassische, aber blitzschnelle Art. Jedoch auch Western-Stimmung vermochten die attraktiven Damen zu erzeugen, als sich Plastikdeckel in den Klavierseiten mit Pianoklängen vereinten und Anne Folger dazu ihr Können an der Melodica unter Beweis stellte. Nicht nur die musikalische Darbietung an sich, sondern auch die herzerfrischende Art sicherte den beiden Pianistinnen die volle Aufmerksamkeit des Publikums, welches auch immer wieder mit einbezogen wurde. Auch wenn sich manch einer unter „Quattro Stagioni“ vielleicht nur eine Pizzasorte vorstellen könne, spielten sie auch Antonio Vivaldi. Dies, mangels eines Kastraten, dazu in der „unbeschnittenen Version“… Die feinen Pizzicato-Töne und die lediglich noch von der Nebelmaschine übertönte Ruhe im Raum, zeigten an dieser Stelle die hohe Profession der Pianistinnen, die eben nicht nur Entertainment beherrschen.
Darüber hinaus sorgten Folger und Rüth auch für musikalische Bildung. Wer hätte schon erwartet, dass der Ton mit der höchsten Dissonanz ausgerechnet in Felix Mendelsson Bartholdys Hochzeitsmarsch vorkommt? Aber auch schauspielerisches Talent hatten die Damen im Gepäck – beispielsweise Anne Folger, als gar nicht so traurige Witwe zu „Der Hahn ist tot“.
Musikalische Brillanz zeigte sich zudem beim „Türkischen Marsch“, der nach und nach auf die rudimentären Elemente reduziert wurde – an Kultur werde ja heutzutage ohnehin gespart. Aber auch beim Strom – und so saßen die Pianistinnen plötzlich nur mit Stirnlampen im abgedunkelten Theatersaal. Da die Selber aber im „Sitzstreik“ verharrten, waren die Piano-Queens jedoch überzeugt, dass Selb besseres verdient hat und belohnten dies vor der Pause mit einem richtig „swingenden Mozart“.
In der zweiten Hälfte ging es dann lockerer zu, sodass die Queenz - nun in kräftiges Rot gehüllt - mit dem Publikum gleich per Du waren und einen Einblick in ihr Gefühlsleben gewährten: eine gemeinsam angestimmte Liebeserklärung des Duos an seine Pianos machte klar, wem das Herz der Musikerinnen gehört. Ebenso sinnlich ging es weiter mit einem Tango, den Anne Folger mit sehnsuchtsvollem Gesang begleitete. Ehe die beiden das Publikum zum gemeinschaftlichen Jazzgesang animierten, gab Folger – als Freiburgerin - nicht ohne Stolz noch die jüngsten Fußballergebnisse bekannt. Dass dann auch die anwesenden Kinder fröhlich mitgesungen haben, schien die Profi-Pianistinnen sichtlich zu freuen.
Zum großen „Showdown“ zwischen Jennifer Rüth und Anne Folger kam es aber auch noch. Zunächst noch einig darüber, dass eine Frau der anderen doch sicherlich ihren Erfolg gönne, lieferten Sie sich kurz darauf einen Wettstreit über mehrere Titel – von sanft bis mitreißend, welcher aber natürlich unentschieden ausging. Bei Franz Liszts „Ungarischer Rhapsodie“, ihres Zeichens für nur einen Flügel geschrieben, mussten sich Folger und Rüth also einen Hocker teilen. Unter teils akrobatischen Verrenkungen stritten sich die beiden um jede einzelne Taste und um die beste Sicht zum Publikum – natürlich alles gespielt, aber mit solch hoher Präzision, dass die musikalische Qualität des Stückes vollumfänglich erhalten blieb. Eine Leistung, die wohl nur wenige beherrschen. Mit Chipsdeckel, Ketten und Milchaufschäumer an den Saiten des Klaviers sorgten die Queenz immer wieder für ganz besondere Toneffekte, die man von einem Piano sonst nicht erwartet.
Kurz vor Schluss kam es dann sogar zum bayerischen „G’stanzl“, bei dem der Flügel zur Zither umfunktioniert wurde. Dabei wollte es das Publikum aber nicht bewenden lassen und erklatschte sich die erste Zugabe – ein fetziger Rock’n’roll, der noch mehr Begeisterung hervorrief. „Jetzt ham‘ wir Euch aber gekriegt“ schallte es fröhlich von der Bühne und so kam es zur zweiten Zugabe, einer musikalischen Weltreise mit dem Lied „Der Mond ist aufgegangen“ – vorgetragen in zahlreichen Sprachen. Überdies durfte eine junge Glücksfee aus dem Publikum noch bei der Verlosung einer CD behilflich sein.
Bevor sie im Foyer für Autogramme und gemeinsame Fotos bereitwillig zur Verfügung standen, bedankten sich die auch aus dem Fernsehen bekannten Musikerinnen bei den Selbern noch mit einem extra umgedichteten „Unforgettable“ mit der Hoffnung auf ein Wiedersehen. Dies wohl auch im Sinne des Publikums, denn wer ein Klavierkonzert für angestaubt hielt, wurde durch die charmanten Pianistinnen eines besseren belehrt. Mehr noch: an diesem Abend fegten sie mit ihrem Elan sicherlich auch das letzte Staubkorn davon. Das bunt gemischte Publikum hat den Besuch der Queenz of Piano jedenfalls bestimmt nicht bereut.
selb-live.de – Dominik Voigt