19.7.2017 – Bruno Kraus erfasst und notiert als ehrenamtlicher phänologischer Beobachter seit 1976 im Auftrag des Deutschen Wetterdienstes (DWD) die Veränderungen in der Pflanzenwelt im Raum Selb. Nun wurde dem Selber als Dank für sein über 40jähriges ehrenamtliches Engagement die Bundesverdienstmedaille verliehen.
Die Auszeichnung des Bundespräsidenten wurde Herrn Bruno Kraus von Dr. Harald Maier, Leiter der Agrarmeteorologischen Niederlassung des DWD in Weihenstephan in Anwesenheit des Selber Oberbürgermeisters Uli Pötzsch im Selber Rathaus feierlich überreicht. Dr. Harald Maier würdigte insbesondere die außerordentliche Zuverlässigkeit und Einsatzbereitschaft von Herrn kraus als phänologischer Beobachter und überbrachter ihm den Dank des Bundesministers für Verkehr und Digitale Infrastruktur, Herrn Dobrindt, sowie des Präsidenten des DWD, Herrn Prof. Dr. Adrian.
Phänologie ist die Lehre vom Einfluss der Witterung und des Klimas auf den jahreszeitlichen Entwicklungsgang der Pflanzen. Sie ist die Wissenschaft, die sich mit den regelmäßigen Beobachtungen der Entwicklung von wild wachsenden und landwirtschaftlichen Kulturpflanzen befasst. Die Pflanzen sind natürliche Sensoren. Ihre Entwicklung spiegelt die natürlichen Bedingungen, v.a. die Witterungsbedingen, an einem Standort wider.
Der Deutsche Wetterdienst unterhält ca. 1.200 phänologische Beobachtungsstellen bundesweit, davon allein 290 in Bayern. Ungefähr 147 Entwicklungsstadien an 45 Pflanzenarten werden regelmäßig, d.h. mindestens zwei Mal pro Woche bei jedem Wetter erfasst. Neben Sofortmeldern gibt es sogenannte Jahresmelder, zu denen Bruno Kraus gehört.
Die Beobachtungen stellen wertvolle Daten für viele Bereiche dar. Sie dienen als Grundlage für die Planung wichtiges Investitionen in Landwirtschaft und Gartenbau, z.B. Obstplantagen, Beregnungsanlagen. Sie sind wichtige Zeitgeber in meteorologischen und landwirtschaftlichen Modellen für die Berechnung des Gefahrenpotenzials von Pilzkrankheiten und Schädlingen oder für die Ertragsprognose. Sie finden Eingang in die regionale, pflanzenbauliche und agrarmeteorologische Beratung des DWD, der die phänologischen Daten mit den Klimadaten verknüpft. Der Service des DWD ermöglicht dem Landwirt seine Arbeiten gezielter und umweltgerechter durchzuführen. Damit sind die phänologischen Beobachtungen auch ein wichtiger Beitrag für die umweltschonende Erzeugung gesunder Nahrungsmittel.
Die Daten sind zudem Arbeitsgrundlage für die Garten- und Landschaftspflege, den Fremdenverkehr sowie für viel wissenschaftliche Bereiche, z.B. für die Klimatologie, die Klimaforschung, die Ökologie und die Medizin. Längst ist die Phänologie zu einem internationalen Forschungsgegenstand geworden, dem sich alle führende Universitäten weltweit zuwenden.
Die Beobachtungsdaten von Herrn Kraus werden nicht nur für nationale, sondern auch für internationale Untersuchungen verwendet. Seine Beobachtungsstell ist damit Bestandteil des Internationalen phänologischen Netzwerks. Der zwischenstaatliche Ausschuss für den Klimawandel nutzt z.B. phänologische Daten für die Untersuchung das aktuellen Klimawandels
Die für Allergiker so wichtige Pollenflugvorhersage wäre ohne phänologische Beobachtungen nicht möglich. Über Karten lassen sich die natürlichen Bedingungen an einem Beobachtungsort darstellen.
Für den nationalen Wetterdienst sind Bürger wie Bruno Kraus unverzichtbar, die mit Spaß am Wetter, Lieber zur Natur und einer guten Beobachtungsgabe jahrzehntelang gewissenhaft die Flora in ihrer Region überwachen.
Für die Brauchbarkeit langjähriger Beobachtungsdaten ist es sehr wichtig, dass die Daten immer von derselben Person, wie von Herrn Kraus, möglichst lange erhoben wurden. Nur so sind die innere Konsistenz und damit die Vergleichbarkeit zwischen den Jahren gewährleistet.
Der Phänologe muss für seine Tätigkeit besonderes Engagement mitbringen und die Beobachtungen ganzjährig ohne Pause durchführen. Die phänologische Beobachtungstätigkeit erfordert ein hohes Maß an Naturverbundenheit, Einfühlungsvermögen in die biologischen Prozesse, Idealismus und Pflichtgefühl.
Den ehren Worten schloss sich Oberbürgermeister Pötzsch mit einem Geschenk seitens der Stadt Selb an. Bruno Kraus selbst dankte der Würdigung. Diese sei für ihn absolut überraschend. Als ehemaliger Biologielehrer habe er diese Aufgabe stets gerne und mit viel Vergnügen durchgeführt.