3.5.2017 – „Für die Stadt Selb ist das ein ganz wichtiger Meilenstein“, ist Selbs Rathauschef Uli Pötzsch absolut davon überzeugt, dass man in den vergangenen Monaten im Masterplanprozess Innenstadt nicht nur viele Impulse erhalten, sondern man auch Mut hat, sich weiter zu entwickeln.
Aufbruchsstimmung in Selb, bestätigt einmal mehr durch das gezeigte Interesse seitens der Bevölkerung. „Und es geht auch nur gemeinsam“, weiß Pötzsch um die Unterstützung, die ihn stolz macht. Unterstützung in Form von hoher Beteiligung am Masterplanprozess Innenstadt, die der Oberbürgermeister als ein wunderbares Zeichen und man sich selbst auf dem richtigen Weg sieht. Denn die Bürgerinnen und Bürger zeigen, dass ihnen die Innenstadt als Herzstück und gute Stube von großer Bedeutung ist. Und dass das Zentrum sein Gesicht verändern wird, das machte die Abschluss-Präsentation des Masterplans, die gleichzeitig als Startveranstaltung für die zukünftigen Veränderungen und Entwicklungen gesehen wird, deutlich.
Wie schon zum Auftakt im September 2016 und anschließenden Workshop-Veranstaltungen, startete man mit „Walk&Talk“. Trotz nicht gerade bester Wetterbedingungen folgten schon hier über 100 Selber einem Innenstadtrundgang. Neben Uli Pötzsch erklärten hierbei Bauamtsleiter Helmut Resch, Martin Karsten des vom Masterplanprozess begleiteten Büro Forum aus Bremen, sowie Outletcenter-Investor Patrick Müller seitens des Saarbrückener Unternehmens Munitor einige Schwerpunkte der Planungen. So berichtete Müller zunächst am Factory In, dass man hier im Spätsommer mit Umbauarbeiten an der Großen Ofenhalle starten möchte. Hierin sollen Geschäfte Verkaufsflächen finden. Eine Umsetzung kann dann baurechtlich ohne Probleme geschehen. Anders dann bei den weiteren Planungen. Erst gilt es ein Bauleitplanverfahren einzuleiten, um die weiteren Überlegungen, im Bereich zwischen Factory In und dem ehemaligen Kaufhaus Storg zu überplanen und anzugehen. Geplant ist hier schließlich eine fußläufige Verbindung zum einstigen Kaufhaus, wo dann in Neubauten Outletshopping mitten in der Innenstadt angeboten werden soll. Daher muss u.a. auch ein Verkehrskonzept beauftragt werden. Müller ist sich sicher: „Die Ludwigstraße wird mit diesem Outletcenter profitieren. Klar aber auch, dass, um den Bereich zwischen der Marien- und der Heinestraße, sowie zwischen der Bahnhof-, Schiller- und der Ludwigstraße umgestalten zu können, noch ganz andere Vorarbeiten notwendig waren und noch sind. Mit 43 Eigentümern habe sich Müller bereits einigen und Vorverträge schließen können. „Das verdient ganz großen Respekt“, weiß er, dass das für viele keine leichte Entscheidung war, „doch man weiß um die Bedeutung für die Stadt Selb“, staunte er. Der Investor selbst werde für einen Teil der Anwohner Ersatzwohnraum schaffen. Das auf dem Gelände des ohnehin stets nur als Übergangslösung geschaffenen Bürgerparks. Hier erklärte beim Rundgang Helmut Resch, dass die Planungen schon weit gediehen seien. Im Erdgeschoss soll die Stadtbücherei einen neuen Platz finden. Großzügiger und moderner als im jetzigen Gebäude, das sowieso seitens des Investors mit verplant wird. 15 Wohneinheiten sollen in den Obergeschossen entstehen und zum Kauf angeboten werden. Interessenten seien bereits einige vorhanden. Weiterer Wohnraum zur Miete müsse außerdem noch geschaffen werden, weshalb man mit weiteren Investoren im Gespräch sei.
Bereits eine Verbindung, die immer wieder ins Gespräch kam und stets von Teilnehmern der Arbeitsgruppen als wichtig angesehen wurde, wird derzeit schon geschaffen. Wie auf selb-live.de berichtet, wird das zuletzt von NKD genutzte Geschäft in der Ludwigstraße abgerissen. Hier entsteht dann nicht nur ein Durchgang von der Ludwig- zur Schillerstraße, auch an eine Aufenthaltsqualität mit Sitzgelegenheiten und Spielgeräten wird gedacht. Der Kunstverein Hochfranken wird diesen zudem schon in Kürze im Rahmen des Selb-Ascher-Projekts „Komm mal rüber“ künstlerisch gestalten lassen.
Weiter erklärte Helmut Resch, dass man, sofern der Stadtrat zustimmt, ein Fassadenprogramm, das nicht nur den reinen Anstrich betrifft und bestmöglich mit Mitteln aus der Städtebauförderung, starten möchte.
War das Interesse am Stadtrundgang schon beeindruckend, so begeistere Pötzsch auch die Teilnahme an der anschließenden Veranstaltung im Rosenthal-Theater. Rund 300 Zuhörer folgten den Ausführungen. Hier wurde noch einmal auf die Schwerpunktthemen aus dem Innenstadtrundgang eingegangen. Doch auch blickte man auf den Ablauf des Masterplanprozess noch einmal zurück, wenngleich ebenso betont wurde, dass das zeitliche und räumliche Zusammentreffen des Masterplans und den zeitgleichen Planungen des Cityoutlets ein absoluter Glücksfall sei. Ebenso, wie seitens des Investors auf Anregungen eingegangen werde.
Dass solch ein Masterplan ohnehin nur gemeinsam gehen würde, wurde seitens des Forum Bremen betont. So war es eine Grundvoraussetzung, Akteure und Eigentümer einzubinden, um mit dem Masterplan einen strategischen und planerischen Rahmen zu erarbeiten, Leitziele- und Leitprojekte zu nennen, um schließlich eine Belebung und Neupositionierung der Innenstadt zu erreichen. Trotz einiger negativer Aspekte, angefangen von einigen sanierungsbedürftigen Gebäuden, städtebaulichen Missständen, beträchtlichem Leerstand und einer tendenziell abnehmenden Angebotsvielfalt, konnten als Ausgangsbedingungen beim Masterplan-Prozess gleichzeitig als Mutmacher eine hohe Identifikation/Bindung der Eigentümer zu ihrer Stadt als auch ein nennenswertes Investitionsinteresse festgestellt werden. Die günstige Entwicklung beim innerstädtischen Wohnen, spezifische Potenziale in Sachen Hof- und Freiflächen und Grün in der Stadt bis hin zum geplanten Outletcenter als wichtiger Magnet stimmten weiter positiv. Von der Auftaktveranstaltung zum aktuellen Masterplan-Entwurf, mit dem sich der Selber Stadtrat in seiner Juni-Sitzung beschäftigen wird, wurde sich zu fünf verschiedenen Themen in Arbeitsgruppen beschäftigt. Als konstruktiv wurde die Zusammenarbeit empfunden, schon hier eine Aufbruchsstimmung festgestellt. Eine hohe Beteiligung gab es zudem beim eigens installierten Online-Dialog.
„Mutig Bewährtes und Neues verbinden“ lautet nun das daraus entwickelte Masterplan-Leitbild. Dieses greife Kontraste auf und erzeuge positive Spannung, meinen Martin Karsten und Klaus-Martin Hesse vom Forum Bremen. Gebaut wird dabei auf dem speziellen design-orientierten Profil und Charme der Stadt Selb. Die langjährige Design-Tradition mit immer wieder neuen Impulsen, Kontraste zwischen Neuem und damit Mutigem, das zeigt sich aus dem Prozess als ein Ergebnis. Drei Raumtypen und damit drei Interventionsstrategien ergeben sich: Bewährtes in einem Konservierungsraum behutsam erhalten (Martin-Luther-Platz), Bewährtes und Neues in einem Gestaltungsraum erhalten (Innenstadtbereich) sowie großflächige Neuordnungen in einem Transformationsraum (Cityoutlet) zu schaffen. Insgesamt 17 Projekte, die in den fünf Strategiesäulen Design, Verbindungen, Aufenthalt, Invest und Magnete bündeln, haben sich im Rahmen des Prozess ergeben. Zusammengefasst:
Design
Ziele: Designelemente in der Innenstadt etablieren, Design erlebbar machen, Design als Vermarktungselement
Strategie: Querschnittsthema – Design als tragendes Motiv der Innenstadtentwicklung, Qualitätssicherung als wichtiges Element (Bauvorhaben, Bonus bei Gründerinitiative)
Ein Design-Café als lebendiger Begegnungs- und Kristallisationsort soll als Treffpunkt dienen. Eine Gründungsinitiative soll leer stehende Ladenlokale durch neue Einzelhandels-, Gastronomie und Dienstleistungsnutzungen wiederbeleben.
Verbindungen
Ziele: Factory In – Ludwigstraße verbinden, Fachmarktzentrum Schillerstraße-Ludwigstraße verbinden, Grünräume besser an Stadtzentrum anbinden
Strategie: Durch geeignete Maßnahmen – Querungen, Informationen, usw. Verbindungen verbessern.
Neben den Anbindungen soll die Innenstadt auch für Radtouristen und Radfahrer attraktiver werden.
Aufenthalt
Ziele: Bauliche Verbesserung der Aufenthaltsqualität, Öffentliche Nutzung der Freiräume in der neuen Outletcity, Öffentliche Räume aufwerten und mit Nutzungen aufwerten, Selbbachaue nutzbar machen
Strategie: Kooperatives Vorgehen von Stadt und Privaten
Erholungspotenziale des Selbbachs am Rande der Innenstadt sollen erschlossen werden. Der Marktplatz könnte als attraktives Eingangstor in die „gute Stube“ entwickelt werden. Der Gerberplatz kann seiner städtebaulichen Qualität angemessen belebt werden, außerdem die Flächen der Outletcity attraktiv gestaltet und zugänglich gemacht werden.
Invest
Ziele: Investitionsstau begegnen – privates Investitionsinteresse aktivieren und bündeln, bei Bedarf Eigentumsübergänge befördern, Eisiken für Private begrenzen
Strategie: Finanzierungsmodelle für private Kapitalanlage, Förderprogramme und fachliche Unterstützung, An- Entwicklung, Rückbau, Sicherung, Neubau
Über ein Selb-Invest sollen Ansätze zur Erleichterung/Aktivierung privater Investitionen geschaffen werden. Durch moderne Wohnbauprojekte kann die Innenstadt durch neue Bewohner weiter belebt werden.
Magnete
Ziele: Durch zentrale Attraktionen sollen Besucher in die Innenstadt gelockt werden, City-Outlet als Besuchermagnet etablieren, neue Hotel- und Gastronomieangebote schaffen, Stadtbücherei als Anziehungspunkt
Strategie: Gezielte Ansiedlung von Besuchermagneten, City-Outlet gezielt als belebendes Element für gesamte Innenstadt nutzen, Fokus auf Gestaltung und Qualität
Vieles wurde in den Arbeitsgruppen und über den Online-Dialog eingebracht, und auch eingearbeitet, wie bei den Ausführungen betont wurde. Aber auch Zahlen beeindruckten. Über 30 Prozent der Mieter im neuen Wohnquartier zwischen der Ludwig- und der Oberen Bergstraße sind neu nach Selb gezogen, moderner innerstädtischer Wohnraum sei demnach gefragt. Angestrebt wird auch das Modell eines „Puzzle-Hotels“. Dezentral könnte in vielen Gebäuden attraktives Wohnen auf Zeit geschaffen werden. Von einer Win-Win-Situation sprach hier der Oberbürgermeister, könnte man dadurch sowohl Leerstand als der hohen Nachfrage nach Übernachtungskapazitäten entgegen wirken und entsprechen.
Weitere Zahlenwerke will man in den nächsten Wochen noch einfließen lassen, sich daher als Stadtrat bewusst auch erst im Juni mit dem Masterplan beschäftigen und über die nächsten Schritte entscheiden. Wie wichtig die Thematik ist, das zeigt, dass man auch explizit einen Stadtumbaumanager einstellen möchte. Die gute Zusammenarbeit im Selber Stadtrat unterstrichen die Mitglieder der Lenkungsgruppe, der Klaus Cullmann (Aktive Bürger), Carsten Hentschel (CSU/FWS) und Rudolf Kirschneck (SPD), der Pötzsch für dessen mutiges Handeln lobte, angehören. Dr. Peter Schenk seitens der Selb2023 gGmbH erklärte zudem, dass die aktuellen Bemühungen mit denen der Bayerisch-Tschechischen Freundschaftswochen im Jahr 2023 bestens harmonieren würden. Ein besseres Marketing für die Stadt Selb könne man kaum haben.
„Ich bin gerne der Oberbürgermeister der Stadt Selb“, so ein begeisterter Uli Pötzsch mit Blick auf die Ergebnisse des Masterplan-Entwurfs und vor allem auf die hohe Teilnahmebereitschaft der Bevölkerung. „Das wird garantiert nicht etwas für die Schublade“, freut nicht nur er sich auf die Umsetzung vieler Projekte, „die aber nur gemeinsam gelingen können“, wie er noch einmal betont.
selb-live.de – Michael Sporer