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bruno jonas selb29.3.2017 – „Einige werden sich jetzt fragen: Wie meint er das, was er sagt? Aber bei dem Hut meint er das bestimmt anders“, ging der in schwarzem Anzug, mintgrünem Hemd und schwarzem Filzhut („Gell, der schaut blöd aus?“) gekleidete Kabarettist Bruno Jonas auf die Bühne. Gleich zu Beginn

seines Programms „Nur mal angenommen“ hatte er so die Lacher auf seiner Seite. Das Publikum im Rosenthal-Theater bekam auch in der Folge jede Menge geboten, amüsierte sich bei urkomischen, oft aber auch zugleich ernsten Themen, die der Niederbayer an den Tag legte.

 

So ganz fand man den Satiriker aber nicht auf der Bühne des Selber Theaters. Vielmehr stellte er zwischen großen und kleinen Paketen sein kleines Zuhause auf. Hier arbeitet er als Paketannahmestelle. Undercover. Denn da er stets zu Hause sei, nehme er für den türkischen Paketzusteller Murat natürlich gerne alle Pakete für seine arbeitenden Nachbarn an. Wenn es sein muss auch nachts, wenn zwei Paletten Frischfleisch geliefert werden.

In Sachen Politik wollte Jonas während der Fastenzeit auf Worte hierzu verzichten. Zumindest bei US-Präsident Donald Trump und SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz sei es ihm schon gelungen. „Da schalte ich im Fernsehen einfachD weiter, dann sind die weg“, erklärte er die einfache Lösung. Freilich aber konnte der Künstler von der Politik nicht loslassen, läuft er doch gerade da mit viel Biss zur Hochform auf. Das selbiges auch die SPD gerade tut, könne er keineswegs bruno jonas selbverstehen, denn der neue SPD-Chef habe aus seiner Sicht ja noch rein gar nichts geleistet. Dessen verkündete Absicht, sich für soziale Gerechtigkeit einzusetzen, sei aus Jonas‘ Sicht für eine sozialdemokratischen Partei nicht gerade originell. Bei der SPD habe Anspruchslosigkeit Tradition. Wenig Regung bei diesem Satz bei den Zuhörern, „da bin ich in Selb wohl in einer SPD-Hochburg gelandet“, kratzte Jonas die Kurve, um zur IG Metall umzuschwenken: „Warum setzt man sich im VW-Aufsichtsrat nun für eine Obergrenze bei den Vorstandsbezügen in Höhe von 10 Millionen Euro ein. Sonst kämpft man doch immer für Lohnerhöhungen“, fragte er. Den Grünen-Politiker Toni Hofreiter bezeichnet Jonas als Heilsbringer einer immer mehr zu einer Religionsgemeinschaft mutierten Partei, dieser könne wohl auch übers Wasser laufen, naja, nicht ganz, aber zumindest über Pfützen. In Bezug auf AfD-Mann Alexander Gauland erklärte Jonas den Unterschied in der Sprache und wie es ist, wenn der Richtige das Falsche bzw. umgekehrt sagt. „Die Leute finden ihn als Fußballer gut. Aber sie wollen einen Boateng nicht als Nachbarn haben", lautet ein bekanntes Zitat Gaulands. Aber, wie klingen die Sätze und lautet der mögliche Hintergrund, wenn die selben Worte ein anderer geäußert hätte? Jonas erklärte, hätte er diese beiden Sätze gesagt, würde er den Rassismus des deutschen Volkes kritisieren. Ein plötzlich ganz anderer Kontext, das brachte das Publikum teils ins Grübeln. Auch beim Begriff „Neger“ würde Jonas weniger von etwas Negativen ausgehen, vielmehr verbindet er mit diesem etwas Schönes, wie zum Beispiel Negerküsse. Wäre man nun politisch korrekt, müsste man nun ebenso Begriffe wie „Frau" meiden. Zu negativ klinge dieser. So müsste man es wie im Englischen machen, wo es keine geschlechtsspezifische Begriffe gibt, statt von Männern und Frauen spricht man hier von Körpern.

Nicht nur die Politik, bei der Jonas zu viele Deppen bei den Wählern ausmacht, und die Demokratie, bei der die Hälfte aller Bundestagsabgeordneten beim herrschenden Verhältniswahlrecht bereits vor der Wahl feststehe, bekamen auf humorvolle und unterhaltsame Weise ihr Fett weg. Die europäischen Werte oder der Ausbau der Frauenquote waren ebenso Themen. Auch über Modernes wie die iWatch oder das Samsung Galaxy mit eingebautem Feuerzeug oder so manch Apps ließ er sich aus. Die Blasen-App zum Beispiel. Diese zeigt ihm nicht nur, wann er auf die Toilette zu gehen hat, um einem dringenden Bedürfnis nachzugehen. Natürlich zeigt Google Earth die nächst erreichbare Toilette, zur Not auch einen passenden Baum an. Auch seine Wohnung möchte Bruno Jonas per App in eine Feng-Shui-Oase verwandeln. Die digitale Version hat ihn längst erreicht…

Oft völlig übertrieben, wie es typisches Mittel der Satire ist, präsentierte der Kabarettist sein Programm. Passend zum Titel „Nur mal angenommen…“ musste er sich in seiner Themenvielfalt auf keinen Standpunkt festnageln, blickte passend auf die auf einem der Pakete im Hintergrund positionierte Sokrates-Figur: „Ich weiß, dass ich nichts weiß!“ Der Konjunktiv ließ ohnehin zwischen Kritik und Spott, Klugscheißen, Albernheit aber durchaus auch Nachdenklichem viel Gedankenspielraum zu – dem Publikum hat es gefallen.

 

selb-live.de – Michael Sporer

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