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klinikum fichtelgebirge selb 1223219.12.2023 – Das Klinikum Fichtelgebirge soll - wie bereits mehrfach berichtet - umstrukturiert werden. Am Standort Selb ist dabei ein Ambulanz-Zentrum vorgesehen. Die Notfallaufnahme wird wegfallen. Die Entscheidung des Klinikum-Verwaltungsrats missfällt einigen Bürgern. Doch sehen die Verantwortlichen den eingeleiteten Umstrukturierungsprozess als einzige Chance, das Klinikum überhaupt erhalten zu können.

Knapp 6.000 „Unterschriften“ wurden in den vergangenen Wochen bei einer Online-Petition gesammelt. Wie Initiator Jörg Kusnik (Bild, 2. von links) meint, so hagelt es seitens der Unterzeichner insbesondere Kritik an den Plänen zur Schließung der Notaufnahme. Am Montagabend tauschten sich Kusnik und weitere Mitstreiter mit Selbs Oberbürgermeister Ulrich Pötzsch sowie Vertretern der Stadtratsfraktionen, Landrat und Verwaltungsratsvorsitzender Peter Berek sowie seitens des Klinikums Geschäftsführer Dr. Alexander Meyer und Dr. Philipp Koehl, Ärztlicher Direktor, im Selber Rathaus aus.

 

Ausgangslage

Bereits seit 2019 werde an einer zukunftsfähigen Neuausrichtung des Klinikum Fichtelgebirge mit den beiden Standorten Selb und Marktredwitz gearbeitet. Seither sei alles auf den Prüfstand gestellt, neue Konzepte entwickelt, neue Abteilungen bzw. medizinische Fachrichtungen (z.B. Kardiologie, Akutgeriatrie) etabliert worden. „Das alles mit dem Ziel, das Klinikum für den Landkreis und das Fichtelgebirge zu stärken und somit zu erhalten und medizinische Versorgung wohnortnah und in kommunaler Hand zu sichern“, betonen unisono Peter Berek sowie K Dr. Alexander Meyer und Dr. Philipp Koehl. Im Rahmen dieses Konzepts soll der Standort Marktredwitz als Ankerpunkt für stationäre Versorgung ausgebaut werden. Hier lag der Schwerpunkt ohnehin schon in Marktredwitz. Am Standort Selb soll das ambulante Angebot sukzessive erhöht und erweitert werden.

 

Das sieht die Umstrukturierung vor

Mit Beginn des neuen Jahres soll der erste Teil der ambulanten Operationen des Klinikum Fichtelgebirge in Selb durchgeführt werden. Das Team der Anästhesie-Pflege hat hierfür bereits ein Projektteam zur Implementierung gebildet. Zu Beginn des zweiten Quartals sollen dann die ersten beiden Abteilungen, die Diabetologie und die Pneumologie, nach Marktredwitz umziehen. Die Pneumologie wird dabei Betten auf der Station C4 erhalten und sich dort mit der Kardiologie eine Station teilen. Die Mitarbeiter der Abteilung für Unfallchirurgie, Orthopädie und Endoprothetik werden zum gleichen Zeitpunkt in die Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie in Marktredwitz wechseln.

Die pflegerischen Teams der beiden internistischen Stationen sollen weiterhin zusammen bleiben und zukünftig die Station C4 in Marktredwitz betreiben. Weiter ist geplant, dass auch die Radiologie zu einer gemeinsamen Abteilung wird, was hier ebenfalls dazu beiträgt, bereits länger bestehende Personalengpässe zu lösen. Dabei würden die Ärzte aus dem Selber Team eine entscheidende Rolle bei der Besetzung von vakanten Stellen spielen.

Die Intensivstation und Notaufnahme ziehen um, sobald die Umstrukturierung der anderen Abteilungen aus dem stationären Betrieb in Selb endet. Auch diese Teams bleiben zusammen. Analog wird auch hier auf den Fachkräftemangel hingewiesen. Die Auslastung der Intensivbetten in Marktredwitz wären in den letzten Jahren stets durch einen Fachkräftemangel an spezialisiertem Intensivpflegepersonal limitiert gewesen, sodass die Zentralisierung hier zu einem positiven Effekt führen dürfte, da künftig alle Intensivbetten 24/7 auf einer ärztlich geführten Intensivstation betrieben werden können, sieht hier Dr. Philipp Koehl für die Patienteninnen und Patienten unterm Strich eine deutliche Verbesserung. Die Akutgeriatrie soll dann als letzte Abteilung umziehen, sobald die Räumlichkeiten in Marktredwitz entsprechend angepasst sind. Dies wird voraussichtlich bis Ende 2025 umsetzbar sein.

Die Zeit bis April 2024 soll nun unter anderem intensiv genutzt werden, um die Infrastruktur in Marktredwitz anzupassen, darunter beispielsweise zusätzliche Parkplätze und Mitarbeiterumkleiden, sowie die Fertigstellung der derzeit im Umbau befindlichen Notaufnahme. Die räumliche Kapazität der Notaufnahme in Marktredwitz wird derzeit nahezu verdoppelt. Die Erweiterung, die zum Jahresende abgeschlossen sein soll, wird dann mit dem Personal der Notaufnahme aus Selb auch sukzessiv personell komplettiert. Ohnehin werde, so die Aussage von Dr. Meyer und Dr. Koehl, insgesamt rund 95 Prozent der von den Umstrukturierungsmaßnahmen betroffenen Belegschaft den Weg mitgehen, und den Arbeitsplatz auch in Marktredwitz wahrnehmen.

klinikum fichtelgebirge selb 12232Die Notaufnahme wird voraussichtlich bis Jahresmitte 2024 in Selb bestehen und wie gewohnt weiterarbeiten. Gerade bei diesem Punkt wurde abermals erläutert, dass die Auflagen personell und technisch inzwischen so hoch seien, dass das Klinikum Fichtelgebirge sie nicht an zwei Standorten erfüllen könne.

Den Vorschlag, beide Häuser als Versorgungsstufe 1 (Grund- und Regelversorgung) zu führen, weist man ab. So würde man Fachabteilungen (Versorgungsstufe 2 = Schwerpunktversorgung) in der Region verlieren.

 

Notfallaufnahme

Besonders der Wegfall der Notaufnahme beschäftigt die Petitionsführer. Befürchtet wird unter anderem, dass bei Notfällen wie Herzinfarkt und Schlaganfall Menschenleben durch längere Anfahrtszeiten zum Klinikum gefährdet sein könnte. Dr. Meyer ging hierzu zum einen auf Zahlen aus dem Jahr 2022 ein. So gingen beim Schlaganfall 207 Fälle direkt nach Marktredwitz und lediglich 14 nach Selb und auch beim Herzinfarkt handelte es sich um rund sieben Prozent aller Fälle, die in Selb behandelt wurden.

8.300 Aufnahmen (von insgesamt rund 28.000 im gesamtem Klinikum Fichtelgebirge) gab es in der Selber Notaufnahme – im Durchschnitt 16 Fälle zwischen 8 bis 18 Uhr, und 7 zwischen 18 und 8 Uhr. Dabei wird betont, dass es sich bei einem Großteil nicht um akute Notfälle handelt.

Weiter wurde erklärt, dass bei Rettungsfahrten allgemein bis zu 30 Minuten Fahrzeit als akzeptabel betrachtet werden. Die Kassenärztliche Vereinigung habe hier den Versorgungsauftrag zu erfüllen und müsse ihr Konzept den Anforderungen – regelmäßig werde ohnehin analysiert - entsprechend anpassen. Das Klinikum Fichtelgebirge unterstütze gar bei der Bereitstellung von Ärzten. Selb verfüge mit seinen niedergelassenen Ärzten zudem über einen eigenen Notarzt-Standort.

 

Standort Selb

In Selb soll ein Medizincampus, das noch durch die KV (Entscheidung wird am 13. März 2024 gefällt) genehmigt werden muss, mit ambulantem Schwerpunkt entstehen. Ambulante Behandlungen sind ein Wachstumsmarkt, ein Feld, das seit Jahren mehr und mehr an Bedeutung gewinnt und auch von Patienten geschätzt und gerne in Anspruch genommen wird, erklärt Alexander Meyer. Wesentlicher Teil wird ein gestärktes Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) Fichtelgebirge als eine Tochtergesellschaft des Kommunalunternehmens Klinikum Fichtelgebirge, für das die Verlagerung zusätzlicher Fachrichtungen nach Selb geplant ist. Neben einem Ärztehaus mit externen, niedergelassenen Ärzten wird das Klinikum seine ambulanten Operationen in Selb konzentrieren, was ebenfalls eine fachliche Erweiterung des bisherigen Angebots darstellt. Bereits zu Beginn des neuen Jahres soll es mehrere komplette ambulante OP-Tage für die Orthopädie, Unfallchirurgie und Viszeralchirurgie geben, nach und nach soll die Zahl dieser OP-Tage weiter erhöht werden. Stärker ausgebaut werden soll zudem die physikalische Therapie im Bereich des ambulanten Angebots. Natürlich könne zu weiteren Themen wie unter anderem Tagespflege zum aktuellen Zeitpunkt auch nur vage darauf eingegangen werden, doch würden bereits viele Gespräche hierzu laufen. Auch der Punkt grenzüberschreitende Zusammenarbeit werde besprochen.

Weiter soll ein sogenannter D-Arzt am Standort Selb erhalten bleiben. Und weiter könne man werktags tagsüber zunächst das Selber Krankenhaus zu ersten Untersuchungen aufsuchen, wie Klinikum-Geschäftsführer Dr. Alexander Meyer versicherte.

 

Die Finanzen

Das Zukunftskonzept basiere auf einer umfassenden Analyse der aktuellen Situation des Klinikums sowie den Herausforderungen und Chancen, die sich auf gesundheitspolitischer Ebene abzeichnen. Auf rund 15 Millionen Euro wird das Defizit des Klinikums in diesem Jahr beziffert. Durch 35 verschiedene kleinere Maßnahmen sollen rund 4,2 Millionen Euro eingespart werden. Sehr konservativ sei allein bei der Umstrukturierung gerechnet worden. Dabei sei gar davon ausgegangen, dass 80 Prozent der potentiellen Patienten aus dem nördlichen Landkreis anderweitige Kliniken aufsuchen könnten. Dann käme man Berechnungen zufolge aber noch immer auf ein Defizit von rund 5 Millionen Euro pro Jahr. Weg von den eingerechneten klinikum fichtelgebirge selb 12233Worst-Case-Fällen werden sich natürlich bessere Zahlen erhofft. Doch sicher ist aus Sicht der Kommunalpolitiker: „Wir müssen dringend handeln und wir reagieren auf die aktuelle Situation mit den Veränderungen, um unser Klinikum überhaupt erhalten zu können!“

 

Befürchtung

Klar habe man vollstes Verständnis für den Unmut aus der Bevölkerung, die sich zumindest weiter eine Notaufnahme am Standort Selb wünscht. „Wir vermuten, dass wie in der Vergangenheit auch in Zukunft das Selber Krankenhaus scheibchenweise geschlossen werden wird“, wird durch die Petitions-Unterzeichner gemutmaßt. Diese Meinung sei durchaus legitim und berechtigt, meint Pötzsch, schließlich habe es damals tatsächlich durchaus parteipolitische Entscheidungen gegeben. Dies sei nun aber nicht mehr der Fall. Im Verwaltungsrat des Klinikums Fichtelgebirge sind alle Fraktionen aus dem Kreisrat vertreten, dabei allein aus Selb neben Pötzsch auch Walter Wejmelka (SPD), Wolfgang Kreil (CSU) und Susann Fischer (GRÜNE). Alle würden erkennen, dass man nur durch Veränderungen eine Chance habe, das Klinikum mit seinen beiden Häusern in der nun angedachten Ausführung überhaupt, und das dazu in kommunaler Trägerschaft, zu erhalten, womit man seitens der Kommunalpolitik noch Einfluss nehmen könne. Eine Privatisierung sei keine Alternative. Einstimmig, auch wenn man das alles andere als gerne mache, wurde sich für geschilderten Weg der Umstrukturierung entschieden. „Auch wenn man als Selber emotional natürlich anders bei diesem Thema dabei sein mag, hier gilt es aus wirtschaftlichen Gründen zu entscheiden“, pflichtete Wejmelka den Worten des Oberbürgermeisters und des Landrats bei.

Und nochmals betonen die Verantwortlichen das große Ziel in der Region: Der Erhalt beider Häuser in kommunaler Hand sowie die Weiterbeschäftigung aller Mitarbeiter. „Keiner nimmt das leichtfertig. Für jeden einzelnen ist die Situation natürlich nicht einfach. Aber jeder, der Details und die Zahlen kennt, der weiß: Wenn wir jetzt nicht handeln, dann ist es zu spät. Die Umstrukturierung ist unsere einzige Chance!“

selb-live.de - Michael Sporer

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