23.12.2016 – Am 22. Dezember 2016 konnte der Evang.-Luth. Dekanatsbezirk Selb ein über vier-Monate-langes Kirchenasyl beenden. Dekan Dr. Volker Pröbstl berichtet: „Eine christliche Familie aus dem Iran, Vater, Mutter und deren 19-jährige Tochter, war seit Mitte August bei uns zu Gast.“ Grund war die angedrohte Rückführung nach Ungarn. Dort hatte die Familie nach ihrer Auskunft auf der Flucht bedrängende Erfahrungen mit unkontrollierter Polizeigewalt gemacht. Zahlreiche Ehrenamtliche schafften es, die Familie in dieser schwierigen Situation zu betreuen. Es gab Gesprächsrunden, Deutschunterricht, Gebetsreffen. Ehrenamtliche besorgten Medikamente. Ein Friseur kam ins Haus. Die iranische Familie revanchierte sich durch Mithilfe im Haus, beim Basteln und Gestalten für die Gemeinde und mit der Zubereitung eines festlichen Abschlussessens. „Es hat Kraft gekostet - aber es war auch eine starke Erfahrung“, erklärt einer der Ehrenamtlichen. Die Verantwortlichen aus Dekanatsbezirk und Kirchengemeinden sind für diese Zeit dankbar. Sie hoffen jetzt, dass die von ihnen betreute Familie einen guten Platz finden wird.
Der Dekanatsbezirk wird beim Gewähren dieses Kirchenasyls von Gerichtsentscheidungen bestärkt. Bereits im Juli 2016 hatten Verwaltungsgerichte die Rückführung von Geflüchteten nach Ungarn unterbunden, da dort kein rechtmäßiges Asylverfahren gewährleistet werden kann. Dennoch hatte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge im August die Rückführung dieser Familie angeordnet. Mittlerweile hat auch das niedersächsische Oberverwaltungsgericht die Entscheidungen der Verwaltungsgerichte bestätigt.
Große Sorge besteht in den Augen von Dekan Dr. Pröbstl gegenüber dem Umgang des Bundesamtes mit getauften Christen aus dem Iran. Hier gab es in letzter Zeit Ablehnungsbescheide, durch die diese Menschen in den Iran zurückschickt werden sollten. „Es kann nicht sein, dass die Taufe eines Christenmenschen behördlich als nur formaler Schritt bezeichnet wird. Für uns ist die Taufe ein Sakrament. Ein Mensch kommt in den Heilsraum Gottes. Pfarrer und Pfarrerinnen taufen aus hoher Verantwortung heraus. Wenn dann erwartet wird, dass getaufte Christen in den Iran zurückkehren und dort ihr Christsein verbergen sollen, dann ist in meinen Augen das Grundrecht auf Glaubensfreiheit in Gefahr. Der Iran garantiert dieses Menschenrecht nicht.“
Das Kirchenasyl ist die letzte Möglichkeit, Menschen vor Gefährdung zu schützen. Sie wurzelt in der Rechtspraxis der Antike. „Du bist mir Zuflucht und Schutz in meiner Not“ (Ps 59,17) ist das uralte Vertrauensbekenntnis eines Beters, der im Tempel der Verfolgung entgeht. In der alten Kirche wurde die Möglichkeit der Schutzsuche in Kirchen und kirchlichen Räumen in mehreren Konzilien geregelt und hat dann Eingang ins römische Recht gefunden. Wer heute Kirchenasyl gewährt, stellt sich in diese alte Tradition. „Solange das BAMF und die RAST keine Unterkunft zuweisen, bleibt die iranische Familie bei uns zu Gast. Wir freuen uns, wenn sie eine Unterbringung in der Nähe finden“, heißt es in der Presseerklärung des Dekanats abschließend.