10.6.2017 – Die Planungen beim VER Selb für den kommenden Eishockeywinter laufen auf Hochtouren. Der Blick richtet sich bei den Vereinsverantwortlichen aber strategisch in die weitere Zukunft. Finanziell konsolidieren will und muss man sich. Sportlich strebt man einen gesunden Umbruch an. Deutlich verstärkt will man auf den Nachwuchs setzen.
Die DEL2, die zweithöchste deutsche Spielklasse, ist immer wieder im Gespräch. Schließlich war das Team in den vergangenen Jahren meist in den vorderen Regionen in der Tabelle der Oberliga-Süd anzutreffen. Lautete das Ziel in der vergangenen Saison noch mindestens Platz vier, so dominierte die Truppe von Trainer Henry Thom lange Zeit das Feld. Rasch waren die Träume von Meisterschaft und Aufstieg wieder näher gerückt. Wohl auch, weil nach sieben Jahren Oberliga und einem eher langatmigen Modus ein klein wenig Langeweile ins Vorwerk zog. Die Stimmung in der NETZSCH-Arena hat seine besten Zeiten ebenso schon lange hinter sich, die Zuschauerzahlen gingen zurück. „Und das, obwohl wir ja sportlich eine perfekte Leistung geboten haben. Mehr als der erste Platz, den wir lange hatten, geht nun mal nicht“, erklärt Roman Zeilinger, zuständig für Marketing und Öffentlichkeitsabriet, im Gespräch gegenüber selb-live.de. Die Verantwortlichen sehen sich somit etwas in der Zwickmühle, was die Planungen anbelangt. Und da geht der Blick zweifelsfrei ohnehin auf die finanzielle Seite. Machte man, nach zuvor guten Jahren, schon im Jahr 2015 ein dickes Minus, so dürfte die Bilanz aus dem Geschäftsjahr 2016, die man Ende Juli bei der Jahreshauptversammlung seinen Mitgliedern präsentieren wird, nicht viel besser aussehen. Darauf angesprochen, bestätigt das Zeilinger ohne konkrete Zahlen zu nennen. Das nur eine mager besuchte Playoff-Heimspiel gegen Landshut (im März 2016) dürfte sich sicher aber bemerkbar machen. Der schleichende Zuschauerrückgang, einschließlich den nun fehlenden Derbys gegen Bayreuth, ist weiter nicht verachten. Selbst die Playoff-Runde 2017, in der man im Viertelfinale gegen Tilburg ausschied, war finanziell vermutlich nicht der große Bringer, musste zwischendurch bekanntlich zwei Wochen zwischen erster Playoff-Runde und dem Duell gegen die Niederländer gewartet werden. Kosten für die heimische Eisfläche und für die weiten Reisen einschließlich Übernachtung, diese schlagen zubuche.
„Ja, wir müssen uns konsolidieren“, erklärt Roman Zeilinger. Der Gesamtetat des Vereins soll um einiges gekürzt werden. Der Etat der ersten Mannschaft gar zugunsten des eigenen Nachwuchses noch einmal. „Wir setzen sportlich zukünftig vermehrt auf die eigenen und junge Leute“, heißt das Zauberwort. Abermals. Denn dass die jungen Eishockeycracks in das Oberliga-Team eingebaut werden sollen, das hat man schon nahezu Jahr für Jahr im Vorfeld einer Saison hören dürfen. An Umsetzung hat es jedoch meist gemangelt. So sieht es zumindest der Außenstehende. Der, der allerdings auch wenig mitbekommt, was im Hintergrund abläuft, sei es von Einsätzen bei der 1b, Teilnahme am Training bis hin zu Verletzungen. Verständlich so die Kritik.
Jetzt der Umbruch beim VER. „Das fängt heuer bereits in der Verteidigung an“, zeigt der VER-Pressechef auf, dass mit den beiden Neuzugängen Leon Kremer (19 Jahre) und Dominik Müller (24) zwei ehrgeizige junge Leute geholt wurden. Diese ersetzen die Abgänge wie Nikolaus Meier (31) und Tim Schneider (31). Angedacht ist, in der Defensive neben jeden Erfahrenen einen jungen Spieler zu stellen. In Sacehn Erfahrung ersetzt der 35jährige Neuzugang Lukas Pozivil den nach sieben Jahren zu einem anderen Team wechselnden Christopher Schadewaldt. Gebaut wird bei den „Wölfen“ natürlich neben Dominik Kolb (21) auch auf die Eigengewächse Mauriz Silbermann (17) und Benedikt Böhringer (21). Natürlich setzt man weiter darauf, dass Peter Hendrikson seinen Vertrag nochmals verlängern wird. Mit ihm und Mannschaftskapitän Florian Ondruschka wird folglich mit gesamt sieben Verteidigern geplant. Im Tor vertraut man auf den 22jährigen Neuzugang Niklas Deske (zuletzt Hannover Indians) und sowieso auf Manuel Kümpel, dem Dienstältesten im Team (seit 2004 dabei).
Roman Zeilinger beschreibt den Defensivbereich als ersten größeren Umbruch. Den zweiten dürfte es dann ein Jahr später auch im Angriff geben. Einige Verträge laufen nach der anstehenden Saison aus. „Dann wird sich sehen, inwieweit es Veränderungen gibt“, lässt Zeilinger hier viel Spielraum offen. Im kommenden Winter jedenfalls gibt es im Sturm nichts Neues. Die Top-Sturmreihe um Kyle Piwowarczyk, Jared Mudryk und Herbert Geisberger, die schon seit der Saison 2011/12 gemeinsam erfolggreich auf Torejagd geht, ist genauso gesetzt wie die zweite Formation um Michael Dorr, Landon Gare und Achim Moosberger. Weiter kommen Dennis Schiener, David Hördler und Eric Neumann, sowie Lukas Klughardt zum Zug. Marvin Deske wird nicht mehr zum Einsatz kommen. „Der Kader wäre dann komplett“, so Roman Zeilinger, der meint, dass sich der ein oder andere Nachwuchscrack natürlich noch empfehlen kann. Neuzugänge sind jedoch ausgeschlossen. Zunächst jedenfalls. „Unser Altersdurchschnitt ist um zwei Jahre gesunken“, blickt man auf die erste Verjüngungskur der Mannschaft.
Den eigenen Nachwuchs sieht man als wichtiges Fundament des Vereins. Genauso wie die Fankultur und der Zuspruch der Sponsoren. „Ohne diese Unterstützung aller unserer Partner wären die vergangenen Jahre nicht möglich gewesen. Denn die Werte und die Identifikation, die wir alle gemeinsam leben, machen den Eishockeystandort zu dem was er heute ist: das sportliche Highlight unserer Heimat!“
Das soll auch bei der angestrebten neuen Strategie so bleiben. VER-seitig stellte man sich die Frage, wie man den Eishockeystandort vor allem für eine langfristige Zukunft entwickeln kann. Auf der Basis einer gestärkten und konzeptionellen Nachwuchsarbeit will man jetzt zukünftig eben mit dem Potential aus dem eigenen Nachwuchs ein neues Kapitel aufschlagen. Dabei elementar wichtig sind zwei Punkte: „Wir akzeptieren und fordern, dass der eigene Nachwuchs und junge Spieler auch in Drucksituationen spielen werden. Nur so werden sich junge Spieler auch zielführend entwickeln. Junge Spieler brauchen Rückhalt und Unterstützung, um das nötige Selbstbewusstsein zu erlangen“, lautet die Devise. Fehler dürfen dabei geschehen. „Denn nur wer nichts tut, macht keine Fehler. Der Weg, den wir einschlagen, bedeutet nicht nur die große Bühne Oberliga. Sie bedeutet viel mehr auch, dass wir grundlegende Wertevermittlung in unserer Heimat vorantreiben möchten. Unserer Sportkultur besteht eben nicht nur aus Sieg oder Niederlage. Werte wie Loyalität, Teamgeist und der Wille gemeinsam Ziele zu erreichen fördert und fordert unseren Nachwuchs auch für ein Leben neben der Eisfläche“, erklären die Verantwortlichen des VER Selb.
Auf diese beiden Säulen der sportlichen Entwicklung konzentriert sei es nur konsequent und logisch, diesem grundlegenden Prozess die nötige Zeit zu geben. „Uns als Vorstandschaft und dem gesamten Trainerteam von Nachwuchs bis hin zur ersten Mannschaft ist das bewusst. Somit ist es uns wichtig, dass alle unsere Fans, Unterstützer, Sponsoren und die hiesige Politik hinter unserem eingeschlagenen Weg stehen“, hofft man auf Verständnis und Unterstützung. Bei der Stadt Selb weiß man, dass man die Kommune hinter sich hat. Das zeigen immer wieder die Umbaumaßnahmen und Modernisierungen in und rund um die NETZSCH-Arena. Erst in diesen Tagen wurden beispielsweise die Drehkreuze für die bei Spielen geltenden neuen Eingangsbereiche aufgestellt. „Die Modernisierung ist wichtig und gut für unsere gemeinsame Zukunft. Sie gibt es uns die Möglichkeit, von der Ausbildung unseres Nachwuchses bis hin zur Sicherheit unserer Gäste auf dem nötigen Stand der Technik zu sein“, lautet das Lob. Doch auch den Verein selbst belastet der Umbau. Etwa für die Schaffung neuer Parkmöglichkeiten, die Anschaffung geeigneter Räumlichkeiten oder der Umzug der Geschäftsstelle müssen durch den Verein langfristig getragen werden. Viele Hürden galt und gilt es zu meistern, „doch wir werden alles dafür tun, dass die Tradition des Eissports auch weiterhin weit über die Stadtgrenzen hinaus für positive Schlagezeilen sorgt“, gibt man als Versprechen.
Um die angestrebten Ziele auch konsequent verfolgen zu können, bedarf es dieses wirtschaftlich soliden und stabilen Kurses. „Um eine zukunftsfähige erste Mannschaft sowie einen stets wachsenden Nachwuchs gezielt entwickeln zu können, brauchen wir eine gesunde Mischung“, meint die Führungscrew. Dies betreffe nicht nur die Zusammenstellung der Mannshaft auf dem Eis. Auch das Zusammenspiel des großartigen Engagements der Ehrenamtlichen und einem eingespielten Team an Angestellten gehören dazu.
Die Sponsoren sagen ihre Unterstützung zu diesem neuen Weg zu, wie Roman Zeilinger aus ersten Gesprächen berichten kann. „Das ist überraschend gut und ein wichtiges Signal für uns“, freut man sich, wohlwissend aber auch, dass der ein oder andere Gönner freilich auch gerne die DEL2 gesehen und hierfür ein größeres finanzielles Engagement in Aussicht gestellt hätte. „Wir wollen unseren Eishockeystandort stetig voranbringen, um am Ende dieser Entwicklung in allen Bereichen fähig zu sein, auch einen Aufstieg der Selber Wölfe in die DEL2 nicht aus den Augen zu verlieren“, ist die höhere Liga zumindest ein mittelfristiges Ziel. „Jetzt stehen wir am Anfang eines neuen Kapitels für den Selber Eishockeysport, den wir in den nächsten drei bis fünf Jahren gemeinsam mit unseren Ehrenamtlichen, unseren Fans, Gönnern, Sponsoren und der Politik in unserer Heimat umsetzen möchten“, so die ehrgeizigen Ziele mit der verbundenen Hoffnung auf ein neues Wir-Gefühl in Selb und der Region in Sachen Eishockey.
selb-live.de – Michael Sporer