7.1.2024 - Für Begeisterung und Spannung sorgten in den vergangenen Tagen wieder die Skispringer bei der traditionellen Vierschanzen-Tournee. Dabei belegte der Deutsche Andreas Wellinger einen starken zweiten Platz in der Gesamtwertung. Skispringen war einst auch in Selb beliebt. Der Sprungturm stand vor 70 Jahren neben dem Naturfreundehaus. Ein kleiner Blick in die Historie >>>
Gerade in den frühen 1950er Jahren herrschte nahezu ein Boom, wenn es um das Skispringen ging. Landauf, landab wurden zahlreiche kleine Schanzen gebaut. So auch in unserer Region. Von Mitterteich und Arzberg bis Münchberg und Bad Steben, überall boomte der Sport. Und da natürlich auch in Selb und im benachbarten Schönwald, wie das Archiv auf skisprungschanzen.com aufzeigt.
Die Skisprungschanze entstand im Jahr 1950 auf der Hirtwiese. Dieses Gebiet war zum damaligen Zeitpunkt, abgesehen vom Naturfreundehaus, noch vollkommen unbewohnt. Eben einige jener Selber „Naturfreunde“ waren es, die sich trotz des Widerstands der älteren Vereinsmitglieder nicht von der Idee des Baus einer Schanze abhielten ließen.
Unterstützung erhielten sie bei der Umsetzung von keinem anderen als Heini Klopfer. Sein Name steht für rund 250 Skisprungschanzen weltweit. So erbaute der Architekt und Planer unter anderem die Olympiaschanzen von Squaw Valley (1960), Grenoble (1968) und Sapporo (1972) oder auch die erste deutsche Skiflugschanze in Oberstdorf. Klopfer lieferte eine Planskizze samt aller wichtigen Konstruktionsdetails. Und auch die Widerständler im Verein, die eine Verschandelung der Landschaft unmittelbar neben dem noch jungen Naturfreundehaus befürchteten, zeigten sich mit der Sportanlage nun insofern einverstanden, dass der hölzerne Turm so gestaltet werden soll, dass diese Balkenkonstruktion nach dem Winter wieder abgebaut und erst im Herbst wieder aufgebaut werden soll. So lautet zumindest der Kompromiss.
Die ortsansässige Baufirma Hippmann baute den über sieben Meter hohen Schanzenturm Ende 1950 auf (Archivfotos Fotosammlung Gerhard Bock). Das zum Preis von genau 1.485,81 D-Mark, wie aus alten Aufzeichnungen hervorgeht. Aber: Rasch waren sich die Protagonisten einig, auf die mühevolle Auf- und Abbauarbeit verzichten zu wollen. Einzig der Schanzentisch wurde nach jeder Saison abmontiert. Doch auch im Sommer hatte der Turm seine Vorzüge. Die vereinsinterne Bergsteigergruppe nutzte diesen für Abseilübungen.
Höhepunkt waren aber natürlich die Skisprünge. Zahlreiche Springer aus Selb und der Region gingen hier ihrem Wintersport nach. Den Schanzenrekord stellte 1953 der damals 20jährige Georg Schwalb mit 22 Metern auf. Dabei war es für die Skispringer gar nicht so einfach, über den Backen zu gehen. Grund hierfür war der relativ kurze Aufsprunghügel. Der heute als Rad- und Gehweg bekannte Weg war aufgeschüttet und zu überfahren und selbst der Selbbach musste im Auslauf über eine schmale Brücke noch überquert werden. Letzteres gelang nicht immer und endete für manch Skispringer im eiskalten Nass.
Über die Jahre war die Holzkonstruktion überstrapaziert. Eine Überholung des Baus erschien als zu kostspielig. Auch das Interesse war geringer, zumal Skispringer mittlerweile die größeren Schanzen wie am Ochsenkopf in Bischofsgrün bevorzugten. Auch die Pfaffenbergschanze in Schönwald (1953-1964, Schanzenrekord 40,5m) zog die Sportler an. Mit dem Abriss der Skisprungschanze im Jahr 1956 verschwand folglich auch ein kleines Stück Selber Sportgeschichte.