3.12.2025 - Die Reformation des 16. Jahrhunderts war zweifellos eine länderübergreifende religiöse Bewegung. Von Deutschland über Böhmen und die Schweiz bis nach Siebenbürgen gab es damals einen Aufbruch, der mit den spätmittelalterlichen Fehlentwicklungen und Deformationen der Katholischen Kirche wie dem Ablasswesen und der Werkgerechtigkeit scharf ins Gericht gingen.
Aus der Reformation entstanden neue Kirchen wie die Lutheraner, die Reformierten, die Hussiten und die Böhmischen Brüder. Es ist neben dem geistlichen Leben dieser Kirchen bis heute und der Kirchengeschichtsschreibung auch eine bleibende Aufgabe der europäischen Erinnerungskultur wie auch der Kirchenkunst, die Ursprünge und Herkunft der protestantischen Kirchen zu thematisieren.
Pfarrer Dr. Jürgen Henkel aus Erkersreuth hat nun eine Idee entwickelt und gemeinsam mit dem Kirchenvorstand im Detail erarbeitet, die sowohl als Kunstprojekt, wie auch als touristische und kulturelle Attraktion der protestantischen Erinnerungskultur dienen und zugleich Touristen anlocken kann. So soll auf dem Kirchenvorplatz der Kirche Zum Guten Hirten in Erkersreuth eine „Europäische Reformatoren-Galerie“ mit Büsten der sechs wichtigsten europäischen Reformatoren entstehen. Zudem sollen Sitzgelegenheiten installiert werden, die zum Verweilen einladen.
„Der Kirchenvorstand hat die Idee sofort positiv aufgegriffen und unterstützt die Umsetzung aktiv. Wir wollen das Projekt auch mit regionalen Partnern durchführen“, freut sich Henkel. Er hat dazu das Europäische Fortbildungszentrum – Kompetenzzentrum für das Steinmetz- und Steinbildhauerhandwerk aus Wunsiedel mit ins Boot geholt, um dieses besondere Kunstprojekt von internationaler Bedeutung zu gestalten. Dessen Geschäftsleiter Thomas Laubscher macht deutlich: „Als Steinzentrum möchten wir dieses grenzüberschreitende Projekt fachlich begleiten, Entwürfe gestalten, kommunizieren und unsere internationale Vernetzung einbringen.“
Es ist geplant, dass das Kompetenzzentrum für das Steinmetz- und Steinbildhauerhandwerk mit Künstlern Entwürfe für die Büsten schafft und dann auch dazu passende Vorschläge für die Sitzgelegenheiten erstellt. Die bedeutenden und maßgeblichen europäischen Reformatoren Jan Hus (Böhmen), Martin Luther und Philipp Melanchthon (Deutschland), Johannes Calvin und Huldrych Zwingli (Schweiz) sowie Johannes Honterus (Siebenbürgen/Rumänien) sollen als Büsten aus nachhaltigem Material auf Sockeln auf dem Kirchenvorplatz aufgestellt werden. Dazu sollen Tafeln aus Porzellan an den Sockeln Infotexte zu den entsprechenden Reformatoren bieten.
Thomas Laubscher begrüßt das Projekt ausdrücklich. Er betonte bei einem Ortstermin mit Pfarrer Henkel und weiteren Vertretern des Kirchenvorstands: „Wir beteiligen uns mit großer Überzeugung an der Europäischen Reformatoren-Galerie, weil sie weit über ein Kunstprojekt hinausgeht. Sie schafft einen Ort, an dem europäische Geschichte, Kultur und Glauben erfahrbar werden. Mit unserem Netzwerk in den jeweiligen Herkunftsländern der Reformatoren können wir dazu beitragen, dass Künstler und Natursteine aus Europa zusammenwirken und ein hochwertiges Kunstensemble schaffen. Dieses länderübergreifende Miteinander entspricht unserem Selbstverständnis als Steinzentrum – und wir freuen uns, diesen Gedanken gemeinsam mit Pfarrer Jürgen Henkel und mit der Evangelischen Kirchengemeinde Erkersreuth sichtbar zu machen.“
Das Projekt soll nach dem Wunsch der Kirchengemeinde zum 100-jährigen Jubiläum der Kirche Zum Guten Hirten 2028 fertig installiert sein. Entsprechend ist die Planung und Umsetzung für die Jahre 2026 und 2027 geplant. „Im Jahr 2028 wird es ein großes Programm zum Kirchenjubiläum geben. Wir hoffen, dass die Europäische Reformatoren-Galerie dann umgesetzt ist.“ Die Kirche Zum Guten Hirten in Erkersreuth eignet sich nach seiner Meinung besonders wegen der Grenznähe zu Böhmen, aber auch zu den Kernlanden der Reformation – Thüringen und Sachsen-Anhalt – für dieses Projekt.
„Unsere Kirche ist selbst geprägt von der besonderen Architektur in Achteckform, aber auch von der Kirchenkunst. 2014 wurden im Rahmen der Generalsanierung der Altar, die Kanzel und das Taufbecken sowie ein Osterkerzenständer aus Kunstglas im Altarraum eingerichtet. Es handelt sich um hochwertige Kunstwerke des Münchner Glaskünstlers Thierry Boissel. Das Kunstwerk auf dem Kirchenvorplatz wird eine ideale Ergänzung. Es kann für religiös interessierte Touristen und sogar Schulklassen interessant sein. Und gegenüber ist das Schloss Erkersreuth, das jetzt besonders nachhaltig saniert wird. Das gibt ein wunderbares Ensemble.“
Oberbürgermeister Ulrich Pötzsch (Aktive Bürger) sieht dies ähnlich. „Die Kirche, das Schloss und diese Europäische Reformatoren-Galerie werden ein Gesamtkunstwerk für ganz Selb und besonders natürlich Erkersreuth darstellen. Das wird ein überregional attraktives Ensemble, das Erkersreuth weiter aufwerten wird.“ Pötzsch nahm an der Ortsbegehung mit Bauamtsleiter Daniel Ruckdeschel teil und sicherte die Unterstützung des Projekts durch die Stadt etwa bei der Antragstellung für Fördermittel zu. Finanziert werden soll das Projekt über eine Mischfinanzierung, unter anderem sind EU-Fördermittel angedacht. Hierzu gab es bereits erste Gespräche mit Experten für EU-Fördertöpfe.
„Unser Ziel ist eine länderübergreifende Erinnerung an die bedeutendsten europäischen Reformatoren aus Deutschland, Tschechien, der Schweiz und Siebenbürgen auch mit Blick auf das nahende 500-jährige Jubiläum der lutherischen Reformation durch die Unterzeichnung des Augsburger Bekenntnisses 1530 im Jahr 2030“, hält Pfarrer Henkel fest.
Eine wichtige weitere Maßnahme soll nach dem Willen des Kirchenvorstands dieses Kunstprojekt flankieren. So ist an die Einrichtung eines behindertengerechten Zugangs in die Kirche gedacht. „Hierzu haben wir bereits eine konkrete Planung vorliegen. Das soll ebenfalls bis zum Kirchenjubiläum fertig sein“, kündigt Pfarrer Henkel an. Hierzu gab es bei dem Ortstermin Gespräche mit OB Pötzsch und Stadtbaumeister Ruckdeschel im Blick auf die Planungen. Jürgen Henkel
Von links: Armin Troppmann (Fachleiter beim Steinzentrum Wunsiedel), Oberbürgermeister Ulrich Pötzsch, Geschäftsleiter Thomas Laubscher vom Kompetenzzentrum für das Steinmetz- und Steinbildhauerhandwerk/Steinzentrum Wunsiedel, Pfarrer Dr. Jürgen Henkel, die Kirchenvorstandsmitglieder Anne-Sophie Göbel, Gerhard Völker und Joachim Reuer sowie Bauamtsleiter Daniel Ruckdeschel machten sich bei einem Ortstermin ein Bild von der geplanten „Europäischen Reformatoren-Galerie Erkersreuth“.
selb-live.de – Presseinfo Kirchengemeinde Erkersreuth