17.12.2019 – Die ganz besondere Atmosphäre des deutschen Advents zu erleben und dabei Freundschaft mit gleichaltrigen Jugendlichen schließen zu können – das sind zwei Gründe, warum auch in diesem Jahr wieder so viele junge Besucher aus der westfranzösischen Großstadt Angers mitten in der Winterszeit eine Woche in Selb verbracht haben.
Bereits zum vierten Mal wurde der Schüleraustausch mit dem Collège Rabelais gemeinsam vom Walter-Gropius-Gymnasium und der Realschule Selb organisiert. Dank der großzügigen finanziellen Unterstützung durch das Lions Hilfswerk Selb e. V., den Verein der Freunde des Walter-Gropius-Gymnasiums sowie die Deutsch-Französische Gesellschaft Selb e. V. und mit Hilfe von Zuschüssen der Realschule und der Stadt Selb konnten die Teilnahmegebühren am Schüleraustausch in einem vertretbaren Rahmen gehalten werden.
Ursprünglich war dieser Austausch von der Realschule Selb auf Initiative von Christine Hippmann begründet worden; er fußt auf den Beziehungen der Deutsch-Französischen Gesellschaft Selb e.V. mit der an Angers angrenzenden Selber Partnerstadt Beaucouzé. Seit Jahren gibt es immer mehr französische Jugendliche, die sich für Kontakte nach Selb interessieren, sodass sich später auch das WGG in diese Schulpartnerschaft einklinken konnte. Die beiden Selber Schulen arbeiten im Rahmen des Schüleraustausches mit Frankreich seither eng zusammen. Insbesondere am WGG ist der Zuspruch von Jahr zu Jahr größer; diesmal gab es sogar so viele Anmeldungen, dass über 20 Schülerinnen und Schüler durch Losverfahren ausscheiden und auf eine andere Gelegenheit vertröstet werden mussten.
31 Schülerinnen und Schüler aus den achten und neunten Klassen der beiden Selber Schulen konnten letztendlich am Austausch teilnehmen. Sie empfingen ebenso viele Französinnen und Franzosen, die die 16-stündige Busfahrt auf sich genommen hatten, und verbrachten mit ihnen eine erlebnisreiche Woche. Das Programm an den insgesamt vier Schultagen hatten die beiden organisierenden Lehrkräfte, Astrid Arius von der Realschule und Dr. Christine Wlasak-Feik vom WGG, zusammengestellt. Es brachte den französischen Besuchern Schritt für Schritt ihr Gastland und dessen Gebräuche näher.
Dabei stand der erste Tag ganz im Zeichen der Entdeckung von Selb: Deutsche Schülerinnen des Gymnasiums erklärten den Gästen auf Französisch ihr Schulhaus. Bei der Kontrastierung des französischen mit dem bayerischen Schulsystem und bei einigen Unterrichtsbesuchen kamen die Franzosen ganz schön ins Staunen, empfanden sie doch – zur Überraschung ihrer Gastgeber - den Schulalltag der Deutschen als viel lockerer als ihren eigenen! Gleichzeitig wunderten sie sich darüber, dass den deutschen Schülern in der Mittagspause keine Kantine zur Verfügung steht – an französischen Schulen eine Selbstverständlichkeit. Die Realschüler hatten für die französischen Gäste eine Stadtrallye vorbereitet, bei der diese einige lustige Entdeckungen in der Selber Innenstadt machen und sich auch im Erfragen von Informationen auf Deutsch, z. B. in einer Bäckerei oder einem Eiscafé, ausprobieren konnten. Speziell für die Franzosen gab es zudem einen Empfang im Rathaus durch den Oberbürgermeister Ulrich Pötzsch sowie eine französischsprachige Führung durch das Porzellanikon. Besonders erfreut waren die jungen Franzosen, als sie im Museumsatelier hübsche Windlichter aus dem edlen Material gestalten durften.
Am zweiten Tag lernten die jungen Gäste „Little Berlin“ kennen: In Mödlareuth informierten sie sich über die jahrelange Teilung dieses Dorfes zu Zeiten des Eisernen Vorhangs. Zurück in Selb, trafen sich Deutsche und Franzosen zum Mittagessen und Schlittschuhlaufen in der Eishalle. Der anschließende Besuch der feierlichen Eröffnung des Selber Weihnachtsmarktes stimmte Deutsche und Franzosen auf das gemeinsame Wochenende in den Familien ein.
Ein Tagesausflug nach Nürnberg, an dem Deutsche und Franzosen teilnahmen, bot nach dem Wochenende Gelegenheit zum Lebkuchenkauf, nachdem deren Geschichte und Herstellung in einem anschaulichen Film bei der Firma Lebkuchen Schmidt vorgestellt worden war. Nach der Verkostung der typischen Nürnberger Bratwürste und der Besichtigung der Kaiserburg durfte natürlich auch ein Besuch auf dem Christkindlmarkt nicht fehlen. In Frankreich gibt es solche Märkte nur in vergleichsweise dürftiger Form, sodass die französischen Gäste begeistert waren von der romantischen Atmosphäre und den vielfältigen Ständen.
Der vierte und letzte gemeinsame Schultag führte Gäste und Gastgeber zunächst über die Landesgrenze nach Tschechien. Dabei wurde die deutsch-französische Perspektive erweitert um Einblicke in die tschechische Sicht: Zwei Teilnehmerinnen am Schüleraustausch, die in deutsch-tschechischen Familien aufwachsen – eine davon lebt auch in Tschechien und besucht von dort aus das WGG – gaben Kostproben der tschechischen Sprache und erzählten von ihrem Leben als Grenzgängerinnen. Die Verkostung des eigentümlich schmeckenden Heilwassers in einer der Franzensbader Trinkhallen, die Besichtigung des schlossartigen Gesellschaftshauses mit Ballsaal und ehemaligem Casino und der Besuch im neu eröffneten Fata-Morgana-Museum, in dem optische Täuschungen zum Fotografieren lustiger Bilder genutzt werden können, brachten den Jugendlichen die Reize der Bäderstadt näher. Die meisten probierten auch gerne Oblaten aus einer der Backstuben an der Kurpromenade. Nach dem Besuch des Weihnachtsmarktes im wunderschönen Eger speiste man auf typisch böhmische Art Schweinefleisch mit Knödeln und Kraut auf der mittelalterlichen Burg Wildstein, bevor es zurück nach Deutschland und damit an die Arbeit ging: Alle am Austausch teilnehmenden Schülerinnen und Schüler hatten nämlich den Auftrag, die gemeinsame Zeit Revue passieren zu lassen und im Computerraum des WGG zweisprachige Präsentationen für das Abschiedsfest vorzubereiten.
Als dieses am selben Abend mit einem tollen, von den Eltern der gastgebenden Schüler zusammengestellten Buffet gefeiert wurde, gab es neben den ersten Abschiedstränen vor allem viel Gelächter und Geschmunzel, etwa als die deutschen Schüler auf Französisch und die französischen Schüler auf Deutsch die lustigsten Fotos des gemeinsam in den Familien verbrachten Wochenendes kommentierten. Nach den Ehrungen der Sieger der Rallye und auch derjenigen Schülerinnen und Schüler, die auf den Ausflügen und der Schulhausführung Erklärungen übernommen hatten, klang der Abend bei heißen Rhythmen und den entsprechenden Tänzen aus.
Viel zu schnell hieß es dann früh am nächsten Morgen Abschied von einander nehmen… Doch bereits im kommenden März wird es ein Wiedersehen geben, denn dann werden die Selber Jugendlichen ihre französischen Austauschpartner in Angers und Beaucouzé besuchen.
selb-live.de – Presseinfo