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haushaltselb227.11.2025 – Der Selber Stadtrat hat in seiner jüngsten Sitzung einen Nachtragshaushalt für das Jahr 2025 verabschiedet. Erheblich veränderte finanzielle Rahmenbedingungen machten die erneute Anpassung des Haushalts notwendig. Vor allem der unerwartet starke Rückgang der Gewerbesteuereinnahmen stellt die Stadt vor erhebliche Herausforderungen und zwingt zu strukturellen Konsolidierungsmaßnahmen.

Einbruch bei der Gewerbesteuer zwingt Stadt zum Handeln

Stadtkämmerer Christopher Lang erläuterte, warum der ursprünglich verabschiedete Haushalt nicht haltbar war. Die Gewerbesteuer als eine zentrale Einnahmequelle der Stadt bricht im laufenden Jahr drastisch ein. Statt der geplanten 15 Millionen Euro erwartet die Stadt nur noch rund 9 Millionen Euro. Damit fehlen Selb etwa 6 Millionen Euro, der größte Einnahmeausfall im gesamten Zahlenwerk.

Zusätzlich reduzieren sich die Gewinnausschüttungen kommunaler Beteiligungen um 375.000 Euro. Auch bei der Grundsteuer A und B rechnet die Stadt mit Mindererträgen von rund 121.000 Euro. Zwar steigen einige Zuweisungen des Freistaats leicht an, und Grundstücksverkäufe oder Erschließungsbeiträge bringen zusätzliche Mittel, dennoch ergibt sich per saldo ein Rückgang der Einnahmen um rund 326.000 Euro.

 

Gegenläufige Effekte auf der Ausgabenseite

Auf der Ausgabenseite bewegen sich Selb die Kosten gleichzeitig nach oben und nach unten. Während Ausgaben beispielsweise durch eine höhere Kreisumlage um 514.000 Euro steigen, konnten an anderer Stelle Einsparungen erzielt werden. Besonders die geringere Gewerbesteuerumlage führt zu Entlastungen in Höhe von rund 538.000 Euro. Dennoch ergibt die Gesamtschau eine Verschlechterung der laufenden Verwaltungstätigkeit um rund 374.000 Euro.

 

Nachtragshaushalt nicht ausgleichsfähig

Trotz intensiver Bemühungen bleibt der Haushalt 2025 defizitär. Im Ergebnishaushalt beträgt das Jahresergebnis minus 6,24 Millionen Euro. Auch im Finanzhaushalt zeigen sich negative Salden, die weder durch Rücklagen noch durch andere Mittel ausgeglichen werden können. Der geforderte Haushaltsausgleich nach Gemeindeordnung wird damit verfehlt. Die Stadt muss im Jahr 2025 einen zusätzlichen Kredit in Höhe von rund 6 Millionen Euro aufnehmen, um handlungsfähig zu bleiben.

 

Konsolidierungsmaßnahmen in drei Bereichen

Um den Haushalt mittelfristig zu stabilisieren, hat die Verwaltung ein umfassendes Maßnahmenpaket entwickelt. Es umfasst drei zentrale Bausteine:

 

Einnahmesteigerungen:

Alle Gebühren und Entgelte werden überprüft und an die tatsächlichen Kostenentwicklungen angepasst. Dies betrifft Märkte, Feuerwehrwesen, Verwaltungsdienstleistungen sowie kulturelle und sportliche Einrichtungen. Zusätzlich prüft die Stadt weitere Einnahmequellen wie intensivere Vermarktung von Liegenschaften und verstärkte Akquise von Fördermitteln.

 

Ausgabenreduzierung:
Kurzfristige Einsparungen betreffen unter anderem eine Überprüfung und mögliche Anpassung der Öffnungszeiten städtischer Einrichtungen, um Personal- und Sachkosten zu senken. Zudem wird ein Einstellungsstopp für nicht zwingend erforderliche Stellen verhängt. Beförderungen und Höhergruppierungen werden zurückgestellt, sofern sie nicht zwingend notwendig sind.

 

Investitionsmanagement:
Alle größeren Projekte werden hinsichtlich ihrer Dringlichkeit und Wirtschaftlichkeit neu bewertet. Nicht zwingend erforderliche Investitionen sollen verschoben oder verkleinert werden, um Liquidität zu schonen.

Mehrere dieser Maßnahmen werden bereits in den Haushaltsplan 2026 einfließen, da die verbleibende Zeit des Jahres für eine sofortige Umsetzung begrenzt ist.

 

Oberbürgermeister Pötzsch: „Wir spüren die Wirtschaftskrise unmittelbar“

Oberbürgermeister Ulrich Pötzsch dankte der Kämmerei ausdrücklich für die kurzfristige Erstellung des Nachtragshaushalts. Man habe bewusst entschieden, die Problemlage nicht ins neue Jahr zu verschieben, sondern transparent zu machen. Der OB betonte, wie eng die finanzielle Lage der Stadt mit der wirtschaftlichen Situation der Unternehmen verknüpft sei.

Die vielfältigen Belastungen der Industrie – Energiepreise, Inflation, Lieferkettenprobleme, Zollstreitigkeiten und Arbeitskräftemangel – wirken sich zunehmend auf die örtlichen Steuereinnahmen aus. Pötzsch nutzte die Gelegenheit, um der Selber Unternehmerschaft Respekt zu zollen, die den Strukturwandel der vergangenen Jahre erfolgreich gemeistert habe. Er verwies zudem auf seine schriftliche Intervention beim Bundeskanzler, um auf die belastenden Rahmenbedingungen aufmerksam zu machen.

Trotz der angespannten Lage erinnerte Pötzsch daran, dass Selb in den letzten Jahren seine Verschuldung erfolgreich reduziert hat. Von vormals 41 Millionen Euro sank sie auf aktuell rund 13 Millionen Euro. Dieser solide Kurs verschaffe der Stadt nun Luft, um die aktuellen Herausforderungen zu bewältigen.

 

CSU-Fraktion fordert klaren Maßnahmenplan

CSU-Fraktionsvorsitzender Carsten Hentschel kündigte die Zustimmung seiner Fraktion zum Nachtragshaushalt an, betonte jedoch zugleich die Notwendigkeit weiterer Schritte. Für die Januar-Sitzung 2026 kündigte er einen Antrag an, der einen detaillierten Maßnahmenplan mit Einspar- und Einnahmepotenzialen fordert. Zudem sollen bereits beschlossene Projekte überprüft und Fragen der Digitalisierung sowie interkommunalen Zusammenarbeit stärker berücksichtigt werden.

Hentschel erinnerte daran, dass der neue Stadtrat, der 2026 gewählt wird, nicht mit einer „schweren Hypothek“ belastet werden dürfe. Es gelte, Verantwortung für die kommenden Jahre zu übernehmen und konsequent, aber konstruktiv zusammenzuarbeiten.

 

Stadtrat beschließt Nachtragshaushalt und stimmt Maßnahmen zu

Am Ende der Debatte stimmte der Stadtrat dem Nachtragshaushalt 2025 zu. Der Haushaltsplan weist im Ergebnishaushalt Gesamterträge von 42,84 Millionen Euro und Aufwendungen von 49,09 Millionen Euro aus. Der Finanzhaushalt bleibt in Summe ausgeglichen, allerdings nur durch Kreditaufnahmen und die Verschiebung von Investitionen.

Auch den vorgestellten Konsolidierungsmaßnahmen wurde zugestimmt. Damit verpflichtet sich die Stadt, sowohl Einnahmepotenziale zu heben als auch Ausgaben zu senken und Investitionen kritisch zu prüfen.