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vu selb 03191.3.2019 – Die Stadt Selb im Umbruch, doch wie kann die Innenstadt wieder besser belebt werden? Mit dem Ziel, eine auf die veränderten demografischen, ökonomischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen angepasste, nachhaltig tragfähige Aufwertung anzustoßen,

hat die Stadt Selb im Jahr 2016 einen Masterplan-Prozess initiiert. An diesem haben sich Bürger, Eigentümer und weitere lokale Akteure intensiv beteiligt. Das Büro „Forum Bremen“, Spezialist in Sachen der Stadt- und Regionalentwicklung, war nun mit den Vorbereitenden Untersuchungen beauftragt. Diese setzen unmittelbar auf den Erhebungen und Ergebnissen des Masterplans auf und berücksichtigen des Weiteren die aktuellen Planungen eines Investors für einen städtebaulichen Neuordnungsbereich mit Einzelhandels-, Dienstleistungs-         und Wohnangeboten.

Der Neuordnungsbereich soll die Strahlkraft der Selber Innenstadt erhöhen, indem er eine städtebaulich und funktional qualitätsvolle Verbindung des gewachsenen Geschäftszentrum Selbs mit einem auf einer Konversionsfläche am westlichen Innenstadtrand entwickelten Outlet-Center herstellt.

Der Selber Stadtrat hat diesbezüglich im Januar 2017 den Beschluss zur Aufstellung eines Bebauungsplans für große Teile des Masterplangebiets als Sondergebiet Einzelhandel getroffen. Im Dezember 2017 erging der Beschluss „Vorbereitende Untersuchungen“ durchzuführen um zu prüfen, inwieweit die Entwicklungsbedarfe in der Innenstadt die Ausweisung eins Sanierungsgebiets erforderlich machen.

Mit den vorliegenden und am Mittwochabend im Stadtrat vorgestellten Vorbereitenden Untersuchungen erhält die Stadt Selb somit Aufschluss über die sozialen und städtebaulichen Strukturen sowie die Notwendigkeit einer Sanierungsmaßnahme in einem Teilbereich des Untersuchungsgebiets. Zudem werden Empfehlungen zu übergeordneten Zielsetzungen des Aufwertungsprozesses und der Neuordnung erarbeitet und konkrete Handlungsansätze  und Projekte formuliert.       

Die Vorbereitenden Untersuchungen mit Rahmenplan bauen auf der intensiven Beteiligung von Politik, Bürgern und Akteuren auf und sind im konstruktiven Dialog mit Verwaltung sowie mit Experten (insbes. Fachgutachten Einzelhandel, Verkehr) entstanden.    

Die für den Masterplan Innenstadt Selb vorgenommene umfangreiche Bestandsaufnahme der Selber Innenstadt ist im Zuge der Erarbeitung der Vorbereitenden Untersuchungen zwischen September 2017 und Frühjahr 2018 vertieft, erweitert und aktualisiert worden. Zudem wurden die im Masterplan-Prozess erarbeiteten Projekte und Maßnahmen ergänzt und in einen Rahmenplan überführt sowie mit zeitlich gestaffelten Finanzierungsansätzen hinterlegt.

In der Stadtratssitzung gingen seitens des „Forum Bremen“ Klaus-Martin Hesse und Felix Matthes auf die sich aus der Bestandsaufnahme ergebenden städtebaulichen und strukturellen Stärken und Chancen einerseits sowie Schwächen und Risiken des Untersuchungsgebiets andererseits in einer SWOT-Analyse ein. Angesprochen wurden zudem mögliche nach Themen aufgeschlüsselte Sanierungsziele, den weiteren Rahmenplan und die möglichen Kosten.

Im Folgenden wurden die sich aus der Bestandsaufnahme ergebenden städtebaulichen und strukturellen Stärken und Chancen einerseits sowie Schwächen und Risiken des Untersuchungsgebiets andererseits strukturiert als SWOT-Analyse aufbereitet:      

 

Stärken:

Zentrale Lage im Stadtraum und gute Erreichbarkeit innerhalb der Stadt wie regional/überregional

Nähe zu angrenzenden, attraktiven Frei- und Landschaftsräumen

Identifikationsstiftende „Gute Stube“ rund um Martin-Luther-Platz

Lokal/regional verwurzelte Eigentümer

Gute Infrastrukturausstattung mit u.a. Rathaus, Stadtkirche, Tourist-Info, Kino, Theater (außerhalb des U-Gebiets) und sozialer Infrastruktur wie Schule, Kindergarten und JAM/FAM

Innenstadtnahe FOCs

Impulse durch prosperierende Wirtschaft

„Junge Architektur“ / Designorientierung

Junge Bevölkerung

Ausreichender Parkraum in unmittelbarem City-Bereich oder angrenzend

 

Schwächen:

Weitgehendes Fehlen historischer Bausubstanz

Erheblicher Sanierungs- und Instandhaltungsstau

Verbreiteter Leerstand, auch ortsbildprägend

Rückgang der Angebotsbreite und -tiefe im Einzelhandel

Fehlende Barrierefreiheit im öffentlichen Raum/ und der Wohngebäude mit geringer Strahlkraft

Stadteingangssituationen

Fehlende Übernachtungsangebote und unzureichendes gastronomisches Angebot

Zugänglichkeit/Erschließung und eingeschränkte Attraktivität von umgebenden Freiflächen

Uneinheitliche, teils nicht mehr zeitgemäße Stadtmöblierung

Konzentration einkommensschwächerer Haushalte

Hohe Belastung durch motorisierten Verkehr

Verbesserungsbedürftige, lückenhafte Fuß- und Radwege, Querungen

Mangel an vielfältigen, zeitgemäßen Wohnangeboten sowohl Eigentum als auch Miete

 

Chancen

Nutzung und/oder untergenutzter Grundstücke/Gebäude für Neuinvestitionen, insbesondere zeitgemäße Wohn- und Übernachtungsangebote

Großes Interesse vor allem junger Menschen am Wohnstandort Innenstadt

Verbesserte Anbindung angrenzender Freiräume

Aktivierung bestehenden Investitionsinteresses, u.a. durch Förderprogramme

Öffnung/Anbindung des städtebaulichen Neuordnungsbereichs zur/mit Innenstadt, insbesondere Ludwigstraße

Inwertsetzung öffentlicher Räume

Aufbruchstimmung in der Stadt durch Wirtschaftsaufschwung, gefördert durch Masterplan-Prozess

Fahrrad-Touristen stärker in die Innenstadt ziehen

Impulse durch Bayerisch-Tschechische Freundschaftswochen

Chancen zur Entwicklung attraktiver Wegeverbindungen durch städtebauliche Neuordnung

Siegeszug der E-Bikes erhöhte Potenziale für Fahrradverkehr in der Innenstadt

ZOB als Chance zur Stärkung der MIV-Alternativen

Schaffung vielfältiger, zeitgemäßer Wohnangebote in den Obergeschossen des Neuordnungsbereichs

 

Risiken

Rückkehr zu demographischer Schrumpfung bei nachlassender Zuwanderung

Fachkräftemangel schwächt lokale Wirtschaftsbetriebe, Kaufkraftrückgang usw.

Weitere Aufgabe (speziell inhabergeführter) Einzelhandelsbetriebe

Synergiepotenziale mit Neuordnungsbereich werden nicht genutzt

Neuordnungsbereich erfüllt Erwartungen nicht und strahlt negativ aus

Zunehmender Fortzug als Mangel an altersgerechtem Wohnraum

Gefahr fortschreitenden Sanierungsstaus mit Ausstrahlung auf u.a. „Gute Stube“

Bauliche Investitionen ohne „städtebauliche Qualitätssicherung“

Weiter steigende Verkehrsbelastung durch zusätzliche motorisierte Besucherströme aufgrund der neuen Angebote in der Innenstad

 

Ziele für die Neuordnung

Etliche Ziele für eine Neuordnung der Selber Innenstadt sind im  2017 fertiggestellten Masterplan durch das Leitbild „Mutig Bewährtes und Neues verbinden“ bereits treffend überschrieben worden. Für die Selber Innenstadt heißt das, weniger auf die Schönheit von homogen wirkenden Stadträumen zu setzen, sondern mit der Spannung von Kontrasten von Bewährten und  Neuem  zu spielen. Damit wird die spezifische Prägung   Selbs aufgegriffen, die  die Geschichte des Wiederaufbaus nach dem Stadtbrand 1856 in Zeiten der beginnenden Industrialisierung ebenso erzählt wie die Affinität zum außergewöhnlichen Design und zum Überraschenden.

„Bewährtes und Neues“ deutet bereits an, dass es im Rahmenplangebiet verschiedene Teilräume mit unterschiedlichen Begabungen zu entwickeln gilt. Im Masterplan werden die strategischen Säulen und ihre Ziele in Form zahlreicher konkreter   Maßnahmenvorschläge an verschiedenen Orten in der Innenstadt ausgearbeitet. Diese  Maßnahmen finden sich im Rahmenplan  wieder, werden dort aber auch weiterentwickelt, modifiziert oder um weitere Projekte ergänzt.           

Bewährtes und  Neues zu verbinden wird die Herausforderung in weiten Teilen der Innenstadt sein. Sie betrifft    die Rahmenthemen Ortsbild und Stadtgestalt, Grün- und Freiflächen, Funktionen und Nutzungen, den Verkehr und nicht zuletzt auch die Aufgabe, die  im Rahmen der Bayerisch-Tschechischen Freundschaftswochen angedachten Projekte einzubinden. Der Rahmenplan entwickelt sich im Folgenden anhand dieser Themenstellungen.

Bewährtes und  Neues verbinden: Nirgendwo in der Innenstadt spiegelt  sich diese Herausforderung so deutlich:Transformationsraum im Westen der Innenstadt, wo neue Einzelhandels- und Wohnnutzungen entstehen sollen und die Stadt völlig neu entwickelt wird,

Konservierungsraum rund um den Martin-Luther-Platz, der „guten Stube“ Selbs, wo nur wenige, auf Erhalt und Stabilisierung zielende Eingriffe erforderlich sind und  vom Gestaltungsraum, der sich auf das übrige Plangebiet erstreckt und in dem verschiedene Maßnahmen angedacht sind, die sowohl Bewährtes bewahren als auch Neues wagen wollen.

Zur Umsetzung  dieses Leitbildes werden im Masterplan die Themen „Design“, „Verbindungen“, „Aufenthalt“, „Invest“ und „Magnete“ als geeignete strategische Säulen identifiziert und mit spezifischen Zielen hinterlegt. Am Übergangsbereich zwischen dem   zukünftigen städtebaulichen Neuordnungsbereich und dem „Konservierungsraum“ manifestiert sich das Leitziel in geradezu symbolischer Art und Weise anhand der       Aufgabe, den geplanten Neuordnungsbereich mit den bestehenden Einzelhandelsstrukturen in der Ludwigstraße und der „guten Stube“ zu verknüpfen. Daher sei dem   Rahmenplan an dieser Stelle folgender zentraler Grundgedanke vorausgeschickt:

Die Sanierungsziele sind, nach Themen aufgeschlüsselt, die folgenden:

Ortsbild und Stadtgestalt

Derzeit  ist das Stadtbild im Untersuchungsraum „Innenstadt“ von zahlreichen Missständen geprägt. Ein wesentliches Ziel der Sanierung    in der Innenstadt in Hinblick auf die Stadtgestalt ist daher die Beseitigung der beschriebenen städtebaulichen Missstände. Maßnahmen sind dabei: Die Aufwertung des Gebäudebestands durch die Sanierung und Modernisierung  erhaltenswerter Bestände, vereinzelte Rück- und Neubauvorhaben sowie die komplette Neuordnung von Teilbereichen    mit einer besonders starken Kumulation von Missständen (z.B. Karl-Marx-Straße).

Das stadtgestalterische Ziel bei Neubauvorhaben ist aber keineswegs im Sinne einer Historisierung zu verstehen, sondern soll      bewusst architektonisch moderne Marken setzen, die spannende, qualitativ hochwertige Abwechslungen oder Brüche im Stadtbild erzeugen. Damit soll der Weg konsequent fortgesetzt werden, den die Stadt Selb mit bereits umgesetzten     Vorhaben wie dem Haus der Tagesmütter, dem JAM      und anderen in den letzten Jahren gegangen ist.

Weiteres Sanierungsziel in Hinblick auf die Stadtgestalt ist die Verbesserung der Attraktivität und der Aufenthaltsqualitäten im öffentlichen Raum. Dazu sollen bestehende Platzsituationen aufgewertet und – wo möglich und sinnvoll – durch Neuordnungen neue kleine Stadtplätze geschaffen werden.  

Darüber soll schließlich das Ziel erreicht werden, mittels neuer Platzfolgen und „kleinen Sprüngen“ bestehende und neue Orte in der Innenstadt miteinander zu verknüpfen und neue (fußläufige) Verbindungen zu schaffen, die in Bezugauf den Stadtgrundriss einen Altstadt-Charakter aufweisen. Darüber soll schließlich das Ziel erreicht   werden, mittels neuer Platzfolgen und „kleinen Sprüngen“ bestehende und neue Orte in der Innenstadt miteinander zu verknüpfen und neue (fußläufige) Verbindungen zu schaffen, die in Bezug auf den Stadtgrundriss einen Altstadt-Charakter            aufweisen.

 

Grün- und Freiflächen

Die Schaffung besserer und neuer Verbindungen, Plätze und Platzfolgen steht auch in Hinblick auf die Grün- und Freiflächen im Fokus. Einerseits gilt es, den räumlichen Zusammenhang zwischen gebauter Stadt und den (meist am Rande der Innenstadt    befindlichen) Freiräumen zu verbessern bzw. herzustellen und dadurch die umgebenden Grünflächen besser in das Stadtgefüge einzubinden. Andererseits soll eine räumliche und funktionale Verknüpfung der Grün- und Freiräume untereinander deren Attraktivität steigern und  in Wert setzen. 

Attraktivitätssteigerung und Inwertsetzung von bestehenden Grün- und Freiflächen bedeuten insbesondere eine verbesserte Nutzbarkeit und Erlebbarkeit von Grünflächen durch Aufwertungsmaßnahmen. Auchdie Anlage neuer (kleiner) Grün- und Freiflächen als öffentliche oder halböffentliche  Bereiche sind Ziel der Sanierung.          

Diese Ziele (bessere Einbindung, Nutzbarkeit und Aufwertung) gelten auch für die verschiedenen Wasserlagen in der Selber Innenstadt wie den Grafenmühlweiher im Norden oder den Selbbach (mit seinen differenzierten Entwicklungspotenzialen) im Süden, deren „schlummerndes“ Potenzial gehoben werden soll.

 

Verkehr

Die den Verkehr betreffenden Ziele und Maßnahmen für Selb und seine Innenstadt wurden separat im Mobilitätskonzept 2018 erarbeitet. Darin werden einige konkrete Maßnahmen vorgeschlagen, die zu Veränderungen  in und zur Entlastung der Innenstadt vom PKW-Verkehr dienlich sein sollen. Diese betreffen die Lenkung von Besucher- und Pendlerverkehren ebenso wie    die Binnenverkehre. In Bezug auf die verkehrlichen Zielsetzungen stellt das Konzept aber eines ganz klar und  grundsätzlich heraus: Das Verkehrsverhalten muss sich ändern! Nur durch eine nachhaltige Verschiebung des Modal Split im Binnenverkehr zugunsten des nicht-motorisierten Verkehrs kann eine Entlastung der Innenstadt vom Verkehr gelingen. Für den vorliegenden Rahmenplan bedeutet dies umso mehr, Maßnahmen aufzuzeigen, die das Zu-Fuß-Gehen und     das Radfahren attraktiver machen. Die anzustrebende Nutzungsvielfalt in der Innenstadt soll die sprichwörtlichen kurzen Wege ermöglichen; baulich sollen solche Verbindungen jedoch ganz konkret herausgearbeitet werden.

Daher soll an dieser Stelle ausdrücklich auf das Thema „Wege und Verbindungen“ hingewiesen werden, das bereits im Zusammenhang mit den Themen Stadtgestalt und Freiflächen anklang: Die Schaffung kurzer und kurzweiliger    (Fuß-)Wege zur Verknüpfung von Stadträumen und die Entwicklung attraktiver Verbindungen zwischen wichtigen Orten in der Selber Innenstadt stellen im Hinblick auf den nicht-motorisierten Verkehr wichtige Zielsetzungen dar.

Ein weiterer Verkehrsaspekt ergibt sich aus den eingangs skizzierten Überlegungen zum Übergangsraum zwischen dem Neuordnungsbereich und der „Guten Stube“ Selbs: Ein wesentlicher Teil des für den Neuordnungsbereich benötigten Parkraums sollte im oder in unmittelbarer Nähe zu diesem Übergangsraum geschaffen werden. Denn nur so ergeben sich die „unmittelbaren“ und kurzen Wege, die die Besucher auch in die Innenstadtlagen führen.

 

Nutzung

Die Missstandsanalyse hat erhebliche städtebauliche Funktionsverluste durch Gewerbe- und Wohnungsleerstände aufgezeigt. Wesentliches Ziel der Sanierung ist demzufolge die Verringerung von Leerständen. Da sich im Bereich des zukünftigen Neuordnungsbereichs besonders viele Leerstände konzentrieren, ist davon auszugehen, dass allein durch die geplanten Maßnahmen in diesem Bereich Leerstände verringert werden. Umso wichtiger ist es, das Zusammenspiel von Neuordnungsbereich und den heutigen Geschäftslagen (insbesondere Ludwigstraße) so auszutarieren, dass sich beide Lagen ergänzen und nicht miteinander konkurrieren, mit dem Ziel der Vorbeugung weiterer bzw. neuer Leerstände. Durch geeignete Maßnahmen soll die Ludwigstraße als Haupteinkaufsstraße erhalten, stabilisiert und gestärkt werden.

Viele Wohnungen stehen auch deshalb leer, weil Zuschnitte, Ausstattung oder Modernisierungsstand nicht der Nachfrage entsprechen. Die stark nachgefragten Neubauprojekte der letzten Jahre (z.B. in der Sedanstraße) haben bewiesen, dass es in der Innenstadt von Selb sehr wohl Nachfrage auf dem Wohnungsmarkt gibt. Auch das Ende 2018 vorgelegte Wohnraummarktkonzept Selb bestätigt die Bedarfe an zusätzlichem neuem Wohnraum: In einer Basis- und einer Maximalvariante wird ein Bedarf zwischen gut 500 und gut 1.000 neuen Wohnungen in Selb bis 2032 prognostiziert – davon je gut die Hälfte im Mehrfamilienhausbau. Ziel der Sanierung ist daher eine weitere Verbesserung und Ausdifferenzierung des Wohnangebotes sowohl durch Bestandssanierungen, Modernisierungen und die Verbesserung von Ausstattungsstandards, als auch durch (Rück- und) Neubauvorhaben. Dabei sollten insbesondere Zielgruppen und Nutzungen in den Fokus genommen werden, die zur demografischen Vielfalt in der Innenstadt beitragen (z.B. Wohnprojekte, Projekte, die Wohnen und Arbeiten kombinieren, Generationenprojekte, Inklusionsprojekte etc.).

Ein wesentliches Ziel sollte auch die Weiterentwicklung der Angebotsvielfalt in der Innenstadt sein. Das betrifft nur eingeschränkt den „normalen“ Einzelhandel, der einen Konkurrenzkampf mit den Outlet-Centern nur in Produktnischen überleben dürfte. Vielmehr geht es darum, weitere Angebote in den Bereichen Dienstleistungen, Gastronomie und im Beherbergungsgewerbe zu schaffen, um die Potenziale durch die (zusätzlichen)  Besucher und Einkaufstouristen besser aufgreifen zu können. Eine Verbesserung des gastronomischen Angebots ist unbedingt mit dem Ziel der Schaffung und Inwertsetzung von Plätzen und Freiflächen zu verknüpfen. Eine erhöhte Angebotsvielfalt macht aber nicht nur einen Besuch der Innenstadt lohnenswerter, sie bietet auch die Chance auf „kurze Wege“, wenn im nahräumlichen Wohnumfeld die meisten Dinge erledigt werden können.

 

Einbindung der Bayerisch-Tschechischen Freundschaftswochen

Die begonnenen Planungen für die Bayerisch-Tschechischen Freundschaftswochen, die 2023 in Selb durchgeführt werden sollen, haben u.a. nördlich der Innenstadt gelegene Bereiche wie den Rosenthalpark, den Bahnhofsvorplatz und die Bahnbrache westlich des Bahnhofs als Orte identifiziert, die im diesem Rahmen umgenutzt werden sollen. Neben dem geplanten Neuordnungsbereich werden die Freundschaftswochen das zweite „Großprojekt“ sein, von dem erhebliche Auswirkungen auf die Innenstadt zu erwarten sind. Wichtig wird insbesondere   sein, die (bisher identifizierten) außerhalb des Rahmenplangebiets gelegenen Projekt-Standorte mit der Innenstadt zu verknüpfen, um einen größtmöglichen  Gewinn aus den Freundschaftswochen auch für die Innenstadt zu generieren. Die Stadt Selb lässt nicht zuletzt deshalb inzwischen weitere Vorbereitende Untersuchungen für das Bahnareal und den Bereich entlang der Bahnhof- und der Friedrich-Ebert-Straße durchführen und einen weiteren Rahmenplan erarbeiten. Die Frage der Verknüpfung mit der Innenstadt  spielt im Rahmen dieser Expertisen eine hervorgehobene Rolle, darf aber auch als Sanierungsziel im vorliegenden Rahmenplan nicht außer Acht gelassen werden.

 

Rahmenplan

Im städtebaulichen Rahmenplan gilt es nun, die dargelegten Entwicklungsziele für die Selber Innenstadt in konkrete Maßnahmen zu transformieren. Auf dem Weg zum integrierten, gesamtheitlichen Rahmenkonzept werden dazu zunächst schrittweise themenbezogene Einzelkonzepte zu „Ortsbild/Stadtgestalt“, „Grün- und Freiflächen“, „Verkehr“ sowie „Nutzungen“ ausgearbeitet. Da vertiefende Ausführungen und Planungen zum Thema Verkehr dem eigens beauftragten Verkehrskonzept zu entnehmen sind werden sie an dieser Stelle ausgespart.

 

Kosten

Unter dem Gesichtspunkt der zügigen Durchführbarkeit der Gesamtmaßnahme ist die Finanzierbarkeit der einzelnen Maßnahmen nachzuweisen. Die anstehenden Entwicklungen in der Innenstadt Selbs sind komplex und stellen eine große inhaltliche aber auch finanzielle Aufgabe für die Stadt dar. Zugleich ist durch das in Vorbereitung befindliche private Engagement eines Privaten im „Neuordnungsbereich“ derzeit ein Möglichkeitsfenster geöffnet, das eine enorme Chance für die Innenstadtentwicklung der nächsten Jahrzehnte darstellt. Dabei können neue und nachfragegerechte Wohn- und Einzelhandelsangebote geschaffen und zugleich die festgestellten erheblichen städtebaulichen und funktionalen Missstände beseitigt werden. Diese Chance muss die Stadt Selb ergreifen und zugleich die Entwicklungen lenken und steuern. Dies kann ihr nur mit Hilfe von Mitteln aus der Städtebauförderung gelingen.

Aufgrund der fortgeschrittenen Überlegungen, Eigentumsübergänge und konkretisierenden Planungen sind die Realisierungschancen groß. Die in einer Kosten- und Finanzierungsübersicht ausgewiesenen Maßnahmen und Kostenansätze sind aus dem städtebaulichen Rahmenplan entwickelt, beziehen sich auf das potenzielle Sanierungsgebiet und sind den förderspezifischen Kostengruppen zugeordnet worden.

Die Städtebauförderung ist nach dem Prinzip der Subsidiarität als Basis- und Leitprogramm anzusehen. Flankierende Finanzierungen wie z. B. EU-, Regional- oder KfW-Förderung sowie ggf. Sondermittel zur Realisierung der Bayerisch-Tschechischen Freundschaftswochen „Selb/Aš 2023“ sind zu synchronisieren, ebenso das angesprochene und weiteres privates Investitionskapital.

Der auf die Städtebauförderung entfallende, durch Einnahmen nicht gedeckte Gesamtbetrag von rd. 8,158 Mio. EUR, an dem sich die Stadt Selb dank der erhöhten Förderquote von 80% nur zu einem Fünftel zu beteiligen hat (rd. 1,632 Mio. EUR), ergibt bei einer unterstellten 10-jährigen Durchführungszeit einen jährlichen mittleren Rahmenplan - Innenstadt Selb Finanzierungsansatz von gut 163.000 EUR. Dieser Betrag wird von der Stadt Selb im Rahmen der mittelfristigen Finanzierung als finanzierbar angesehen.

 

Die Vorbereitenden Untersuchungen bezeichnet Baudirektor Helmut Resch als ersten wichtigen Schritt. Darauf aufbauend werden Einwände öffentlicher Träger und Bürgerbelange in eine Bauleitplanverfahren eingespeist, das sich schnell anschließen müssen, um im ganzen Komplex weiter zu kommen. Natürlich soll das vorgelegte Konzept nicht heißen, dass alles 1:1 umgesetzt werden muss oder auch wird. Einzelne Dinge werden genauer untersucht und detailliert und fließen schließlich mit in einen Bebauungsplan.

vu selb 0319Infos/Grafik: Forum Bremen