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rossner10224.10.2022 – Warum soll man zwischen Weihnachten und Neujahr keine Wäsche aufhängen? Diese und noch viele weitere Fragen zur „Schwarzen Kunst“ beantwortete Adrian Roßner den Gästen beim Verein SelbKultur. Über 50 interessierte Besucher erlebten einen sehr informativen, kurzweiligen und heiteren Vortrag in bester fränkischer Mundart.

Dr. phil. Adrian Roßner ist nach seinem Studium der fränkischen Landesgeschichte vielseitig tätig und versteht es hervorragend, das Fichtelgebirge und die umliegenden Regionen nach außen zu präsentieren. Bereits über 50 „Gschichtla“ wurden in der BR-Mediathek veröffentlicht und führen den Zuschauern des Bayerischen Rundfunks die geschichtliche Vielfalt und Schönheit Hochfrankens vor Augen.

Der quirlige Redner nahm seine Zuhörer zunächst mit in das 11. Jahrhundert, die Zeit der Besiedlung Hochfrankens, um tiefgründige Wurzeln des Aberglaubens zu erläutern. Seine These zum Ursprung dieser „Irrlehren“ sei der Widerspruch zwischen der Jagd des Menschen nach Wissensgewinn und der Angst vor dem Unbekannten. Sobald die Angst überwiege, suche der Mensch nach Erklärungen oder lege sich Regeln zurecht für unsichere Situationen. Diese Bräuche konnten dann früher Halt und Sicherheit geben oder beschwörten Unheil herauf – je nach Lage der Dinge.

Anschaulich beschrieben wurde die Zeit des frühen 20. Jahrhunderts, als es noch viele Situationen gab, die Menschen ängstigten. Die dunklen ausgedehnten Wälder und monumentalen Steinformationen ließen die Menschen im Fichtelgebirge an weit über 100 Sagengestalten glauben, wogegen die städtische Bevölkerung einen viel geringeren Sagenschatz aufzuweisen hatte.

Mit vielen Anekdoten ausgeschmückt konnte Adrian Roßner dann die umfangreichen Bräuche und Regeln im Lebenslauf eines Menschen von der rossner1022Geburt bis zum Tod aufzählen. Dass die Verantwortung eines Taufpaten sogar sein Verhalten am Tag der Taufe beträfe, war vermutlich für die meisten Zuhörer neu. So dürfe sich dieser vor der Taufe nicht setzen, nichts essen oder trinken und müsse sich sogar den Inhalt der Taufpredigt merken, damit der Täufling intelligent werde und ein erfolgreiches Leben führen könne.

Besonders erheiterte die Schilderung der Bräuche rund um Liebeswerben und Hochzeit, wobei viele Stolperfallen auf dem Weg in eine glückliche Ehe zu umgehen waren. Beispielsweise durfte der Weg zur Kirche nie an einem offenen Grab vorbeiführen – es sei denn, ein Lebender legte sich vorübergehend hinein. Einen Hinweis auf die Herkunft eines Zukünftigen konnte man in der Andreasnacht (30. November) erhalten, wenn nach dem Schütteln eines Apfelbaumes ein Hundegebell aus dieser Richtung ertönte.

Beim Umgang mit Sterbenden und Toten führten wichtige Regeln zur Gewissheit, dass der Verstorbene im Jenseits ankomme und dort seine ewige Ruhe finde. Wenn ihm dies nicht gelänge, könne er z.B. in den Rauhnächten zwischen Weihnachten und Neujahr – der Zeit des „Vergehens und Werdens“ – sich ins Jensseits zurück verirren und in den aufgehängten Wäschestücken verheddern. Womit nun die anfangs gestellte Frage geklärt wäre.

Mit einem historischen Haussegen des Feilenhauers von Weißdorf und einem lustigen „Gschichtla – über die Urne vom Heiner“ beendete Adrian Roßner seinen humorvollen Vortrag, der allen Zuhörern noch lange im Gedächtnis bleiben wird.

selb-live.de – Presseinfo SelbKultur