28.3.2022 – Erkersreuth. Wenige Texte der Bibel sind so bekannt wie die Bergpredigt, und der bekannteste Abschnitt daraus sind die berühmten Seligpreisungen. Jesus Christus selbst kehrt in den Seligpreisungen viele Erwartungen und Erfolgskriterien der Menschen radikal um, meist gegen die Evidenz dessen, wie es in der Welt zugeht und wie Menschen normalerweise handeln, denken und ticken.
So preist Jesus etwa die geistlichen Armen selig, die Friedensstifter, die Menschen mit reinem Herzen, aber auch Leidtragende, nach Gerechtigkeit Hungernde und Dürstende sowie um der Gerechtigkeit willen Verfolgte oder um seinetwillen Geschmähte. Zur Lebenspraxis der Ellbogengesellschaft passt diese Botschaft Jesu kaum. Und in Zeiten des Kriegs von Putin gegen die Ukraine mag ein Aufruf zum Frieden zwar Wünsche vieler Menschen wiedergeben, aber doch reichlich naiv wirken. Und doch wird hier die Stimme Jesu selbst hörbar.
Unter dem Titel „Die Seligpreisungen“ hat der Wunsiedler Regionalkantor Stephan Merkes jüngst diese Sätze Jesu und damit einen der wohl bekanntesten Texte der Heiligen Schrift für Orgel und Sopran vertont. Die zwölf Verse aus der Bergpredigt zählen bis heute zu den berühmtesten Abschnitten der Bibel.
Am Sonntag war dieses Werk in der evangelischen Kirche Zum Guten Hirten in Erkersreuth zu hören. Der von Merkes hier komponierte musikalisch-meditative Zugang zu den Seligpreisungen vermag Herz und Seele anzurühren. Dies lag freilich auch an der Interpretation: stimmgewaltig mit starkem Ausdruck und Verve interpretiert die Sopranistin Nina Fuchs aus Wunsiedel die Verse aus dem Matthäus-Evangelium. An der Erkersreuther Späth-Orgel spielte Stephan Merkes selbst seine Komposition.
Manche kreisende und wiederkehrende Motive des manchmal eher leisen und besinnlichen Werks bringen Herz und Gemüt zum Schwingen und lassen die Seele baumeln. Dazwischen zeigen aufrüttelnde und sich in Dramatik und Lautstärke auch steigernde Motive auch die besondere Spannung dieser doch aufregenden Botschaft Jesu. Die filigrane und doch auch feurige tiefgründige Komposition bringt beides profiliert zu Gehör und Geltung: das tröstliche Element des Zuspruchs in diesen Sätzen Jesu, aber auch deren aufschreckenden Weckruf.
Vor dem Altar wirft ein Beamer stimmungsvolle Bilder aus der Region auf eine Leinwand, die sich wunderbar fügen zur besonderen Musik, die an diesem Abend zu hören ist. Pfarrer Dr. Jürgen Henkel trug verbindende Texte von Pfarrer Günter Vogl aus Wunsiedel vor, die eigens für diese Komposition verfasst wurden.
Die knapp 30 Zuhörer konnten eintauchen in die zarte und anrührende, gemütvolle und tröstende, aber auch aufwühlende Klangwelt, die Merkes diesen Bibelversen in seiner Komposition einzuhauchen verstand. Es gelingt ihm, Stimmung und Inhalt, Trostpotenzial oder auch Sprengkraft der einzelnen Seligpreisungen treffsicher zu erfassen. Seine Interpretation ist dabei vorzüglich. Merkes filtert stille, berührende und meditative Töne und Themen genauso präzise heraus wie er den pathetischeren Motiven Nachdruck verleiht.
Die Orgel, die hier als facettenreiches Instrument ins Spiel kommt, wird dabei kongenial von der Sopranistin Nina Fuchs ergänzt. Sie spricht tiefe seelische Schichten bei den Zuhörern an mit ihrem genauso frischen wie strahlenden Sopran, der den Kirchenraum voluminös ausfüllt und dabei immer klar zugleich eindringlich und nachdrücklich bleibt. So ergänzen sich Orgel und Sopran auf eine prägnante, gleichzeitig saubere und sorgfältige Weise. Die Komposition und die Interpretation an diesem Abend wurden dem Inhalt und der Bedeutung der „Seligpreisungen“ mehr als gerecht. Das Werk und seine Interpretation lassen ein Gespür dafür entwickeln, wie der Schöpfer seine Welt haben wollte: friedvoll, sanftmütig, gerecht und gut.
selb-live.de – Presseinfo