28.10.2021 – Masterplan Innenstadt. Dieser soll als inhaltliche und strategische Basis für zahlreiche Einzelmaßnahmen dienen mit dem Ziel, das allgemeine Erscheinungsbild der Innenstadt zu verbessen. Einige Projekte wurden bereits oder werden demnächst umgesetzt. In der Stadtratssitzung am Mittwoch wurde ausführlich der aktuelle Sachstand aufgezeigt.
Masterplan Innenstadt
Anfang 2016 wurde durch den Stadtrat die Durchführung der erforderlichen Leistungen zur Erstellung eines Masterplans Innenstadt beschlossen. Die Erstellung eines solchen war aufgrund der erheblichen demografischen sowie wirtschaftsstrukturellen Veränderungen in Selb notwendig. Der Masterplan sollte als inhaltliche und strategische Basis für zahlreiche Einzelmaßnahmen dienen. Ziel war es neben der Verbesserung des allgemeinen Erscheinungsbildes der Innenstadt von Selb, die Lebensqualität in der Stadt zu erhöhen sowie Aufenthaltsqualität zu schaffen. Hierzu sollten insbesondere Maßnahmen zur Schaffung von modernem, innerstädtischem Wohnraum, zur Beseitigung des innerstädtischen Leerstandes und zur allgemeinen Attraktivitätssteigerung durchgeführt werden. Während des mehrmonatigen Ausarbeitungsprozesses (betreut durch ein externes Planungsbüro) wurden die Bürger in interaktiven Stadtrundgängen, Informationsveranstaltungen und Workshops intensiv integriert.
Der Masterplan setzt sich aus verschiedenen Einzelmaßnahmen zusammen. Im Folgenden sollen die Projekte kurz beschrieben und ihr aktueller Sachstand mitgeteilt werden.
Selber Innenstadt Design (2 Projekte):
Das Projekt „Design-Café“ ist als Begegnungsort für Kreative und Interessierte geplant, welcher als Café, Ausstellungsort und Veranstaltungsraum genutzt werden kann. Das Design-Café wurde in das Projekt Kommunales Kino integriert und wird gemeinsam mit der neuen Stadtbibliothek im Bürgerpark eine neue kulturelle Mitte in Selb schaffen. Nach Fertigstellung des Konzepts, wurde im August 2021 mit den Umbauarbeiten des Kommunalen Kinos begonnen. Dieses Projekt wird u.a. durch diverse einheimische Unternehmen und Stiftungen finanziell unterstützt, was wiederum den Gedanken des Projekts „SelbInvest“ entspricht.
Das Projekt „Mach in Design“ dient der innerstädtischen Leerstandsbehebung durch Schaffung attraktiver neuer Angebote im Dienstleistungs- bzw. Einzelhandelsbereich. Diese Aufgabe stellt eines der Tagesgeschäfte der Wirtschaftsförderung dar und wird demnach kontinuierlich fortgeführt.
Selber Innenstadt Verbindungen (3 Projekte):
Durch das Projekt „Komm mal rüber“ wurde eine fußläufige Verbindung vom Fachmarktzentrum zur Ludwigstraße ermöglicht. Hierfür wurde das ehemalige NKD-Gebäude und Grundstück von der Stadt Selb mit dem Ziel der Neuordnung erworben. Die Gestaltung der neuen Passage wurde auf Grundlage des Europan Siegerentwurfs aus dem Jahre 2016 entworfen und in mehreren Workshops gemeinsam mit den Bürgern der Stadt Selb abgestimmt. Zusätzlich wurde auch der Kunstverein Hochfranken e.V. in die Ausgestaltung der Passage miteinbezogen, welcher im Rahmen eines deutsch-tschechischen Projekts ein Kunstwerk an einer Seitenwand des Durchgangs entstehen ließ. Im Jahre 2020 entwickelte die Verwaltung auf Anregungen der Bürgerschaft hin, ein neues Konzept der Passage, welches die Eingliederung von Grünflächen (entgegen der Ursprungsplanung) ermöglichen sollte. Da dieses Projekt eine Fördermaßnahme darstellt, musste das neue Konzept vor Umsetzung mit dem Fördermittelgeber abgestimmt werden. Unter Beachtung des notwendigen Ausschreibungsprozesses sowie den aktuellen Liefer- sowie Materialengpässen, wird das Gesamtprojekt voraussichtlich bis zum Frühjahr 2022 abgeschlossen sein.
Im Rahmen des Projekts „Drunter und drüber“ wurde die Möglichkeit einer Untertunnelung des Sparkassenplatzes geprüft. Durch die Umsetzung dieser Maßnahme sollte eine Fußgängerverbindung zwischen dem Outlet Center Selb und dem Kaufhaus Storg zu schaffen. Die Prüfung hatte jedoch ergeben, dass einerseits massive Eingriffe in die Infrastruktur (Änderung der Entwässerung etc.) notwendig gewesen wären, um dieses Projekt zu verwirklichen. Andererseits wurde aufgrund sicherheitstechnischer Aspekte von dem Bau einer Unterführung abgeraten. Aus den genannten Gründen ist von einer Umsetzung dieses Projekts abgewichen worden. Um dennoch einen verkehrsfreien Platz herzustellen und somit eine sichere und attraktive Fußgängerverbindung in die Innenstadt zu gestalten, ist vom Stadtrat ein tangentiales Abbiegen am Sparkassenplatz beschlossen worden. Dies wird im Zuge der Maßnahme des Vorhabenträgers umgesetzt.
Bei einer Bestandsanalyse im Rahmen des Masterplan-Prozesses wurde weiterhin festgestellt, dass die fahrradbezogene Infrastruktur in der Innenstadt von Selb optimiert werden könnte. Das Projekt „Mit dem Rad in die Innenstadt“ beinhaltet demnach Maßnahmen, welche einen allgemeinen Ausbau der Radwege sowie die Installation moderner Ladestationen, angepasst an die Topographie von Selb, vorsehen. Der Ausbau der Radwege ist sowohl im Rahmen von diversen Verbundprojekten mit dem Landkreis Wunsiedel i. Fichtelgebirge (Egerradweg, Perlenradweg, grenzüberschreitender Brückenradweg) als auch im Zuge der Bayerisch-Tschechischen Freundschaftswochen (Ausbau Christoph-Krautheim-Straße) erfolgt. Weiterhin wurden bzw. werden an vier innenstadtnahen Standorten moderne E-Bike-Ladestationen aufgestellt, welche die Innenstadt als modernen Standort etablieren sollen. Auch werden in Selb den Bürgern künftig zwei Mobilitätsstationen zur Verfügung stehen. Erste Station wird in Form eines Mobility-Hubs, im Rahmen der Bayerisch-Tschechischen Freundschaftswochen 2023, mit Fokus auf nachhaltige Mobilitätsformen am Bahnhof Selb-Stadt umgesetzt. Durch die Teilnahme der Stadt Selb am Modellprojekt „Teilhabe überall“, wird in Selb eine weitere Mobilitätsstation, welche beispielsweise mit Fahrradabstellanlagen, einer E-Ladeinfrastruktur oder auch Bike-Sharing-Angeboten ausgestattet werden kann, errichtet. Den Standort gilt es noch zu bestimmen. Weiterhin werden auch zukünftige Maßnahmen der Stadt auf einen verstärkten Ausbau der radbezogenen Infrastruktur abzielen.
Selber Innenstadt Aufenthalt (4 Projekte):
Der Verlauf des Selbbaches bietet Erholungspotenzial inmitten der Stadt Selb. Jedoch mangelte es hier an Zugangsmöglichkeiten und Aufenthaltsqualitäten. Durch das Projekt „Erholen am Selbbach“ sind ebendiese Aufenthaltsqualitäten sowie ein Naturerlebnis-Spielraum für Kinder und Jugendliche entstanden. Das Wasserwirtschaftsamt Hof hat dieses Jahr seine Renaturierungsmaßnahme abgeschlossen mittels welcher u.a. in der Selbbachaue an der Mühlstraße eine Naturerlebniszone entstanden ist. Die Stadt hat hier zusätzlich auf Anregung des Seniorenbeirats eine Möglichkeit zum Kneippen geschaffen. Um größere Eingriffe in die Natur zu vermeiden, wurde die Anlage in das natürliche Bachbett integriert. Im Rahmen der Bayerisch-Tschechischen Freundschaftswochen war es der Stadt weiterhin möglich, flankierend zur Maßnahme des Wasserwirtschaftsamtes, durch weitere kleinere städtische Projekte, zusätzliche Aufenthaltsqualität zu schaffen. So wurde ein Wasserspielplatz in der Pfaffenleithe errichtet sowie der Platz unterhalb des Rosenthal-Theaters aufgewertet.
Das Projekt „Genial Zentral“ beinhaltet die Neugestaltung des Marktplatzes als repräsentatives Eingangstor in die Ludwigstraße. Im Masterplan ist vorgesehen mit Fortschritt des Projekts Outletcity eine langfristige Verkehrslösung zu entwickeln; ein diesbezüglicher konzeptioneller Ansatz soll in den folgenden Jahren ausgearbeitet werden.
Neben dem Martin-Luther-Platz gilt der Gerberplatz, welcher eine hohe Aufenthaltsqualität besitzt, als Teil der guten Stube der Selber Innenstadt. Durch das Projekt „Leben in der guten Stube“ wurden neue Nutzungsanlässe für ebendiesen Bereich entwickelt. So wird der Platz im Rahmen verschiedener Veranstaltungen verstärkt eingebunden. Weiterhin wurde die dortige Aufenthaltsqualität durch die Festlegung auf Parkregeln der Innenstadt gesteigert (kein wildes Parken mehr).
Durch die Umsetzung des Projekts „das Shoppen genießen“ werden attraktive Aufenthaltsmöglichkeiten in dem Cityoutlet geschaffen. Dieses Projekt ist in Abhängigkeit der Maßnahme des Vorhabenträgers zu sehen und wird simultan umgesetzt.
Selber Innenstadt Invest (3 Projekte):
Die Projekte „SelbInvest“, „Schöner Wohnen“ und „Hübsch anzusehen“ dienen dem Ziel der innerstädtischen Leerstandsbeseitigung sowie der Schaffung von neuem, modernem Wohnraum.
Für das Projekt „SelbInvest“ bestehen mehrere Nutzungsansätze. So investieren einerseits, wie bereits beschrieben, Stiftungen und Unternehmen in städtische Bauvorhaben (Kommunales Kino) und unterstützen somit die Entwicklung neuer Aufenthaltsqualität in der Innenstadt. Andererseits werden durch die Stadt leerstehende Immobilien, auch mit dem Ziel der Schaffung von neuem Wohnraum erworben. So erwirbt die Stadt Anwesen in der Oberen Bergstraße, die im Projektgebiet des städtebaulichen Wettbewerbs Europan 16 liegt. Durch die Teilnahme an diesem Wettbewerb sollen innovative sowie nachhaltige, gemischte Wohnkonzepte in diesem Bereich entwickelt werden, um den Leerstand in der Selber Innenstadt entgegenzuwirken und modernen Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Weitere diesbezüglich städtische Projekte, werden zukünftig unter ebendiesen Ansatz ausgearbeitet; unabhängig davon ist die Stadtverwaltung offen für schlüssige Umnutzungskonzepte Dritter.
Durch die Realisierung des Projekts „Schöner Wohnen“ werden neue Wohneinheiten im Bürgerpark geschaffen. Diese Maßnahme befindet sich aktuell in seiner Umsetzungsphase. Des Weiteren werden durch das aktuelle Wohnprojekt der SelbWerk GmbH „Modellvorhaben Klimaanpassung im Wohnungsbau“, mehrere Wohneinheiten im zukünftigen Quartier Bahnhofsareal Selb-Stadt entstehen.
Im Rahmen des Projekts „Hübscher anzusehen“ wird sowohl der Leerstand beseitigt als auch attraktiver, moderner Wohnraum geschaffen. Hierfür hat die Stadt Selb ein kommunales Förderprogramm im Rahmen der Förderoffensive Nordostbayern zur Unterstützung privater Baumaßnahmen aufgelegt. Weiterhin soll zukünftig ein Förderprogramm zur Fassadensanierung aufgelegt werden. Um diesbezügliche Fördermittel in Anspruch nehmen zu können, gilt es noch die hierfür notwendigen Voraussetzungen zu schaffen. Diesbezüglich befindet sich die Stadt in enger Abstimmung mit der Regierung von Oberfranken.
Selber Innenstadt Magnete (4 Projekte):
Simultan zum Abschluss des Masterplans im Jahre 2016, haben mehrere Hotelentwickler Interesse am Standort Selb bekundet. Aktuell plant die Rinkenburger Objektbau GmbH ein Hotelvorhaben am Zeidlersberg in Selb. Von städtischer Seite wird zusätzlich weiterhin das Projekt „Puzzle Hotel“ verfolgt, indem Projektentwicklern ein solches Konzept angedient wird; so bestehen aktuell Überlegungen eines Hotelinhabers weitere Standorte in Selb zu eröffnen.
Die Projekte „Bücher blättern“ und „Outlet shoppen“ sind im Zusammenhang mit den baulichen Aktivitäten des Vorhabenträgers umzusetzen.
Mittels des Projekts „Essen und Trinken“ ist die Innenstadt durch neue Gastronomieangebote lebendiger gestaltet worden. Die Umsetzung dieses Projekt zählt zu den Tagesgeschäften der Wirtschaftsförderung. Hierbei tritt die Wirtschaftsförderung als Vermittler zwischen Verpächter und Interessenten auf. Im Zuge des Projekts war es möglich, diverse innerstädtische Leerstände zu beheben. So wurde beispielsweise das Hotel „Altselber Stuben“ und auch das Bahnhofsgebäude Selb-Stadt mit der Kaffeerösterei „Schwarzer Peter“ neu belebt. Des Weiteren wurde die Veranstaltung „Schlemmernacht“ ins Leben gerufen. Durch die anstehenden Entwicklungen rund um die Outletcity sind weitere gastronomische Veränderungen auch zukünftig zu erwarten.
Dr. Klaus von Stetten (Aktive Bürger) sieht anhand der Ausführungen durch die Verwaltung, dass man ein sehr hohes Tempo vorlegt habe, man in vielen Punkten auch trotz der Pandemiesituation schon sehr weit sei. Er betonte, dass man zusammen mit den Bürgern eine genaue Vorstellung habe, wie die Innenstadt sich entwickeln soll. „Es gibt zwar noch einiges zu tun, wir entwickeln aber die Innenstadt nicht aus dem Bauch heraus, sondern wissen an jedem Ort, was wir genau vorhaben und wie es sich einfügen wird in das, was wir bereits umgesetzt haben“, zollte er in diesem Zusammenhang großen Respekt für die geleistete Arbeit in der Bauverwaltung.
Angesichts der Fülle an Themen und Projekten meinte Oberbürgermeister Ulrich Pötzsch, dass man insbesondere auch der Bürgerschaft einen Dank aussprechen dürfe. „Diesen für die Geduld, die da regelmäßig aufgebracht werden muss. Das Durchhaltevermögen braucht es aktuell. In Selb gibt es viel zu tun, vieles aufzuholen und nachzuholen. Die zu erledigenden Aufgaben sind groß!“ Der Stadtrat sei sich da auch einig. Gemeinsam habe man einen Fahrplan entwickelt, dem man stringent folge. Dazu brauche es aufgrund der Vielzahl an Projekten mit seinen Herausforderungen wie Baumaterialknappheit und fehlenden Kapazitäten bei den Baufirmen Zeit und Zusammenhalt. „Unsere Stadt wird sich in den nächsten Jahren auf jeden Fall positiv verändern, die eigentliche Identität der Stadt bleibt dabei aber erhalten“, ist das Stadtoberhaupt überzeugt und ergänzt. „Nur die Städte, die sich hochwertig weiterentwickeln, haben die Chance, in Zukunft zu bestehen!“
Walter Wejmelka (SPD) bestätigt das angesprochene hohe Tempo, „das allerdings nur bei den Aktivitäten, bei der die Stadt Selb selbst die Hand drauf hat!“ Dieses werde allerdings von einem ganz wichtigen Faktor nicht mitgetragen. Der Outlet-Investor spiele bei vielen Themen mit rein. Beim Fahrplan tue man gut daran, dass man sich auf die Punkte konzentriere und mit Nachdruck weiter verfolge, die die Stadt selbst umsetzen kann. „Auf Außenstehende zu hoffen, ist im Moment ein sehr schweres Unterfangen!“
Matthias Müller (CSU) sieht in Punkten wie der Gastronomie und der Ludwigpassage das hohe Tempo allerdings nicht gegeben. Einer der wichtigsten Entwicklungsräume für Selb ist aus seiner Sicht die Innenstadt. „Diese ist ein wichtiger Standortfaktor und gibt es schlechtes Bild ab. Hier müssen wir aktiver werden!“ Oberbürgermeister Ulrich Pötzsch ergänzte, dass es aus dem Stadtrat heraus durchaus Beschlüsse gegeben habe, die speziell auf die Innenstadt abzielen. So wurde unter anderem die Sanierung der Ludwigstraße beschlossen, wofür ein Gestaltungskonzept entwickelt wurde. „Das ist ein wichtiger Baustein, um unsere Innenstadt optisch zu verbessern.“ Weiter wurde entschieden, Hauseigentümern finanzielle Anreize zu bieten, um bei Sanierungsmaßnahmen zu unterstützen Mehr als 20 entsprechender Anträge seien im Rathaus bis dato eingegangen. Pötzsch verwies beispielweise als Referenz auf die Gebäudesanierung an der Schlossstraße bis hin zur Unterstützung von Unternehmen zur Ansiedlung in der Innenstadt wie unter anderem eine Hebammen- und eine Arztpraxis in der Ludwigstraße oder eines Hotelbetriebs, wofür seitens der Wirtschaftsförderung der Stadt Selb die Weichen gestellt worden seien. Einige Leerstände konnten so beseitigt werden. Hinzu kamen Initiativen und das Engagement wie durch den Verein SelbKultur.