18.3.2022 - Es sind auf den Tag genau 165 Jahre her. Damals brannte die Stadt Selb nieder. Über 3.000 Menschen waren von jetzt auf gleich obdachlos. Der Stadtbrand aber auch ein Schicksalstag für den Ort. Aus dem einstigen Weberort wurde die Porzellanstadt.
Es war am Vormittag des 18. März 1856, als eine Magd des Apothekers Georg Netzsch glühende Lohballen auf den Misthaufen hinter dem Haus warf. Eine Unachtsamkeit mit fatalen Folgen. Es dauerte nicht lange, bis die Glut durch den Wind neu entfacht wurde. Rasch gingen hölzerne Gebäude in der Umgebung in Flammen auf. Das Feuer breitete sich aus, binnen weniger Stunden brannte bereits die halbe Stadt. Vielfach wurde versucht, Habseligkeiten aus den Häusern zu retten. Vier Menschen verbrannten dabei.
Löschversuche blieben erfolglos. Gar eine der wenigen zur Verfügung gestandenen Feuerspritzen wurde ein Raub der Flammen. Versucht wurde zudem, Häuser am Marktplatz niederzureißen, um eine Ausbreitung des Feuers in diesem Bereich zu verhindern. Ohne Erfolg. Gar die aus Stein gebauten Amtsgebäude, die Kirche und das Schloss brannten nieder. 221 Häuser und über 400 Wirtschaftsgebäude waren am Ende nur noch Schutt und Asche. Nur wenige außerhalb des Zentrums gelegene Gebäude wie die Pechhütte an der Hohenberger Straße und die Gottesackerkirche blieben erhalten.
Von einem Moment auf den nächsten waren über 3.000 Menschen obdachlos, mussten samt geretteten Vieh die kalten Nächte auf den umliegenden Wiesen verbringen. Nach und nach konnte zumindest in umliegenden Dörfern vorläufig untergekommen werden. Die Verzweiflung in Selb war trotz Hilfsleistungen aus den Nachbarortschaften groß.
Es galt fortan, die Stadt wieder aufzubauen. Einige Häuser wurden wieder errichtet. Das weitestgehend auf den alten Grundrissen, womit zugleich die Chance auf eine mögliche großräumige Neuplanung vertan wurde.
Da auch die wenigen Arbeitsstätten beim Stadtbrand vernichtet wurden, kam es schließlich zur Errichtung der ersten Selber Porzellanfabrik. Schon zuvor wollte Lorenz Hutschenreuther sich mit der Porzellanproduktion in Selb selbständig machen. Hier hatte man bei diesem Vorhaben noch Bedenken, doch dann ging es Dank der Aussicht auf wichtige Arbeitsplätze schnell. Das Hutschenreuther-Werk auf der ehemaligen Ludwigsmühle erhielt im August 1857 die Konzession.
Aus der einstigen Weberstadt wurde die Porzellanstadt Selb. Begünstigt auch durch den Bau der Bahnlinie Hof-Eger mit Bahnanschluss in Selb-Plößberg im Jahr 1865 und ab 1894 in der Stadt, folgten nach und nach Gründungen von Porzellanfabriken: J. Zeidler (1866), Rieber (1868), Rosenthal (1879) Krautheim (1884), Müller (1889), Heinrich (1898), Jäger und Werner (1906), Graf&Krippner (1912), Krautheim&Adelberg (1912), Zeidler&Purucker (1919), Gebr. Hofman (1920).
Durch die rasche Industrialisierung stieg die Einwohnerzahl von über 3.000 vor dem Brand auf rund 14.000 in den 1930er Jahren.
Foto zeigt den Selber Stadtbrand auf Porzellan gemalt, Wandrelief an einem Gebäude in der Pfaffenleithe unmittelbar in der Nähe zur Stadtkirche