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19.12.2019 – „In den vergangenen sieben Jahren meiner Amtszeit haben wir den Schuldenstand der Stadt Selb halbiert. Von den größten Städten im Landkreis haben wir die niedrigste Schuldenlast", kann Oberbürgermeister Ulrich Pötzsch auf eine aus seiner Sicht stolze Bilanz zurückblicken.

Erneut kann von einem genehmigungsfähigen Haushalt ausgegangen werden. Und er betonte in der Stadtratssitzung am Mittwochabend: „Wir können frohen Mutes in die Zukunft blicken!" Ohne Neuverschuldung werde man im Jahr 2020 über 14 Millionen Euro investieren. Dabei werden allein 3,1 Millionen Euro in die bestehenden städtischen Liegenschaften fließen, rund 1,6 Mio. Euro in die Sanierung von Straßen verwendet und auch rund 2 Mio. Euro im sozialen Bereich wie im Bereich der Kindertagesstätten. Hinzu kommen Maßnahmen im Zuge der Bayerisch-Tschechischen Freundschaftswochen Selb 2023. „Wir werden deutliche Veränderungen bei unserem Stadtbild erfahren“, nennt Pötzsch beispielsweise die Umgestaltung des Marienplatzes oder die Renaturierung im Bereich des Selbbachs. Auch die Förderung im Bereich des Sports und der Vereine komme wohlwissend in der Wertigkeit des da gelebten Ehrenamts nicht zu kurz.

Das vorgelegte Zahlenwerk der Stadtkämmerei basiere auf die gute Mitarbeit aller Abteilungen der städtischen Verwaltung bis hin zum Stadtrat. Folglich galt ein besonderes Lob für alle Beteiligten. „Der Haushaltsplan 2020 ist transparent, ehrlich und realistisch", sieht Pötzsch diesen als eine Basis einer sehr guten zukünftigen Entwicklung für die Stadt Selb.

 

Der Haushalt 2020

Dem Stadtrat wurde durch Stadtkämmerer Heinrich Moser berichtet, dass es wie schon in den vergangenen Jahren gelungen sei, auch für das Haushaltsjahr 2020 einen ausgeglichenen Haushalt aufzustellen. Die von der Stadt Selb beschlossene und eingeleitete Konsolidierung wirke sich mittlerweile positiv aus. Dazu komme eine Entlastung aus der Reduzierung des Schuldenstandes, die natürlich insbesondere durch die erhaltenen Stabilisierungshilfen erreicht wurde. Allerdings: Der Mechanismus des Finanzausgleichs wird sich auch im Haushaltsjahr 2020 leider nachteilig auswirken. Bedingt durch eine deutlich höhere Steuerkraftzahl muss sehr viel mehr an Kreisumlage erbracht werden, andererseits wird die Stadt weniger Schlüsselzuweisungen erhalten. Entlastung kommt allerdings aus einer niedrigeren Gewerbesteuerumlage, wo ab 2020 der Anteil zur „Mitfinanzierung der Integration der neuen Länder in den Länderfinanzausgleich“ weggefallen ist.

Somit schließt der vorliegende Haushaltsplanentwurf im Ergebnishaushalt mit einem positiven Jahresergebnis. Der Saldo aus laufender Verwaltungstätigkeit im Finanzhaushalt schließt ebenfalls positiv – der laufende Betrieb des Jahres 2020 trägt sich also selbst. Bei den Investitionen und Neuanschaffungen wurden nur nicht zurückstellbare und unbedingt erforderliche Maßnahmen aufgenommen.

„Dadurch ist es gelungen, einen Haushalt aufzustellen, der signalisiert, dass die dauernde Leistungsfähigkeit wieder hergestellt werden konnte“, so die Kämmerei. Aber: „Gerade deshalb ist es auch weiterhin von größter Bedeutung, dass die Konsolidierung konsequent weitergeführt und die Nettoneuverschuldung auf ein unvermeidliches Mindestmaß eingedämmt wird. Es könnten dann auch in den kommenden Jahren ausgeglichene und genehmigungsfähige Haushalte hieraus die Folge sein.“

Die Stadt Selb wird im Ergebnishaushalt im Jahr 2020 bei den Steuern und ähnlichen Abgaben voraussichtlich 212 T€ mehr an Einnahmen erzielen. Aus den früher gebildeten Rücklagen kann voraussichtlich ein Betrag in Höhe von 1 Mio. Euro ertragswirksam aufgelöst werden. Die ordentlichen Erträge fallen dadurch insgesamt um 1,395 Mio. Euro geringer aus als noch im Vorjahr.

Mehraufwendungen fallen voraussichtlich in Höhe von 297 T€ bei den Personalaufwendungen an. Bei den Transferaufwendungen fällt weniger Aufwand bei der Gewerbesteuerumlage, jedoch Mehraufwand bei der Kreisumlage an. Die Aufwendungen für Sach- und Dienstleistungen steigen um 529 T€. Die ordentlichen Aufwendungen konnten insgesamt auf Vorjahresniveau veranschlagt werden.

Der Saldo der laufenden Verwaltungstätigkeit im Finanzhaushalt lag im Vorjahr bei 1,195 Mio. Euro, er verbessert sich im Jahr 2020 auf 1,297 Mio. Euro T€. Er liegt dabei höher als die Auszahlungen für die planmäßigen Tilgungen.

 

Der Finanzhaushalt selbst sieht wie folgt aus:

Saldo der laufenden Verwaltungstätigkeit: 1.296.900 Euro

Saldo der Investitionstätigkeit: - 5.205.490 Euro

Saldo der Finanzierungstätigkeit: - 780.440 Euro

Finanzmittelfehlbetrag: - 4.689.030 Euro

 

Die im Ergebnishaushalt aufgeführten Erträge betragen 35.103.870 Euro und die Aufwendungen 34.364.980 Euro

Um alle Investitionen des Finanzhaushalts durchführen zu können, müsste der Finanzmittelfehlbetrag entweder über eine Darlehensneuaufnahme oder durch Einsatz von vorhandener Liquidität (ggf. auch anteilig) aufgebracht werden. Einstimmig stimmte das Gremium, liquide Mittel einzusetzen, auf ein Darlehen zu verzichten.

Der Schuldenstand (tatsächlich aufgenommene Darlehen) der Stadt Selb würde sich bei Durchführung aller geplanten Investitionen von 20.904 T€ (voraussichtlicher Stand Ende 2019 – pro-Kopf-Verschuldung 1.393 Euro) auf 20.124 T€ (Ende 2020) verringern. Im vorgenannten Betrag sind die Darlehensaufnahmen des Eigenbetriebes „Abwasserbetriebe Selb“ nicht mit enthalten. 1998 waren bei der Gründung 12,2 Mio.€ auf den Eigenbetrieb übertragen worden. Der Schuldenstand beträgt dort nach der Planung zum Jahresende 2018 voraussichtlich 10.166 T€.

Die vorgelegten Zahlen machen den getätigten Sparkurs der Stadt Selb noch einmal deutlich. Vor wenigen Jahren lagen die tatsächlichen Schulden der Stadt Selb bei über 40 Mio. €. Für das aktuelle Jahr waren einst gar deutlich mehr als 60 Mio. € Schulden prognostiziert.

Aber: „Auch in den kommenden Jahren werden erhebliche Aufgaben zu bewältigen sein. In den Finanzplanungsjahren 2021-2023 können aufgrund der voraussehbaren Finanzlage die Eigenmittel weitgehend aus vorhandener Liquidität finanziert werden. Die derzeitige Finanzlage lässt dennoch nur wenig Raum für zusätzliche Maßnahmen mit Folgekosten. „Soweit nicht höhere oder zusätzliche Einnahmen erzielt werden können, bleibt für die Ausgabenseite auch künftig Sparsamkeit oberstes Gebot“, so die Kämmerei.

Diese rechnet folglich unter dieser Voraussetzung bis zum Jahr 2023 um einen Rückgang des Schuldenstands auf 17,696 Mio. Euro.

 

Die Stimmen der Fraktionen

Einstimmig wurde die Haushaltssatzung der Stadt Selb für das Haushaltsjahr 2020 erlassen. Zuvor gaben die Fraktionen noch ein Statement hierzu ab.  

Die CSU/FWS sprach von einem soliden Haushalt mit realistischer Planung, zumal dieser ohne Kreditaufnahme geplant werde. Die Stabilisierungshilfe habe laut Fraktionsvorsitzender Carsten Hentschel natürlich dazu beigetragen, den Schuldenstand abzubauen. Bei den vorgeschlagen Investitionen dürfe man keine größeren Kürzungen vornehmen. Gerade die Investitionen bei den Erschließungsmaßnahmen der Bauvorhaben der Munitor-Gruppe (Eigenmittel 530.000 Euro) wie dem Ausbau der Heinestraße und dem Bau einer Fußgängerbrücke beim Projekt „Neue Mitte“ trage man aus Überzeugung mit, da das die Innenstadt voranbringen würde. Dem Investor gebe man gerne einen nicht unbedeutenden Vertrauensvorschuss, weshalb auf eigene Planungen und eigenen Handlungsspielraum hinsichtlich der westlichen Innenstadt weitestgehend verzichtet werde. In Sachen Weiterentwicklung des Rosenthal Outlet Centers wird mehr Unterstützung gefordert. Beim CSU-seitig kritischen gesehenen Projekt „Kommunales Kino“ sei man erfreut, dass dieses zwischenzeitlich eine deutlich höhere Förderung erfährt. Sorgen würden jedoch die Kosten des laufenden Betriebs bereiten. Weiter wurde das Thema „Wohnen in der Innenstadt“ genannt, das forciert werden müsse.

Die Auflagen zur Konsolidierung habe man in den vergangenen Jahren erfüllt. Zudem als transparent und ehrlich sieht Dr. Klaus von Steten (Aktive Bürger) den Haushalt 2020, der auf einer soliden langjährigen Haushaltspolitik der vergangenen Jahre basiere. Themen wie das Kommunale Kino würden von der Wirtschaft getragen, die diese als wichtige weiche Standortfaktoren erkennen würden. Auch gab es Lob für die Mitarbeiter in der Stadtverwaltung. Diesen gelänge es unter anderem immer wieder, Fördertöpfe anzuzapfen. „Mäkeln ist nicht unser Ding“, meinte Dr. von Stetten mit Blick auf einen Haushalt, bei dem man beruhigt schlafen könne.

Walter Wejmelka (SPD) erinnerte an das vergangene Jahr, als ein Haushalt ohne Neuverschuldung verabschiedet wurde, dies in der Außenwirkung wohl mit Blick auf die im Vergleich zu Nachbarkommunen niedrigeren Stabilisierungshilfen sich aber auch negativ habe auswirken können. „Machen wir es nicht, machen es andere“, sei der Beweggrund gewesen, weshalb man sich jüngst für die Autohofpläne entschieden habe. „Voller Bangen und Hoffen“ bezeichnete die SPD den Haushalt 2020. Dabei wurde die Erhöhung des Budgets für das Rosenthal-Theater als positiv empfunden. In Sachen Kinderbetreuungsplätze müsse dringend gehandelt werden. Beim Outlet werde man sich an der Aussage „Fertigstellung Herbst 2020“ messen lassen, ebenso erwarte man Fortschritte bei der Überbauung des Bürgerpark, ebenso bei den Baugebieten Stopfersfurth, Kappel und an der Hartmannstraße. Angemerkt wurde hinsichtlich des wachsenden Zeitdrucks bei den Bayerisch-Tschechischen Freundschaftswochen Selb 2023 auf notwendigen höheren Personalbedarf.